Der große Kabelsalat-Zirkus
In einem Büro, das so steril war, dass die Bakterien freiwillig das Weite suchten, da lebte ein Computer, der schon so viele Updates gesehen hatte, dass er von sich selbst behaupten konnte, ein lebendiges Museum für Software-Archäologie zu sein. Der Nutzer dieses Computers, nennen wir ihn mal Herrn Schmidt, war ein Mann, so verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk – wenn es denn mal hängt.

An einem ganz normalen Montag, der so normal war, dass selbst das Wetter beschloss, sich einen freien Tag zu nehmen, passierte das Unfassbare: Herrn Schmidts Computer zeigte so viel Lebenszeichen wie eine Parkuhr am Sonntag. Stille. Totenstille. Herr Schmidt, der sonst so ruhige Mann, bekam es mit der Angst zu tun. Seine Hände zitterten wie Wackelpudding auf einem Trampolin, und sein Gesichtsfarbe wechselte schneller als ein Chamäleon auf einer Disco-Beleuchtung.
In dieser Stunde der Not, als Herr Schmidt schon überlegte, ob er nicht besser seine Memoiren mit einem Bleistift auf Klopapier schreiben sollte, kam Hilfe von unerwarteter Seite: Ein Praktikant, so frisch und unverdorben von der Last der Berufserfahrung, dass er wahrscheinlich noch glaubte, die Kaffeemaschine sei ausschließlich zum Kaffeekochen da.
Mit der Nonchalance eines Menschen, der noch nie die Meldung "Es ist ein unbekannter Fehler aufgetreten" gelesen hatte, schlug der Praktikant vor: "Probieren Sie mal, den Stecker zu ziehen und dann wieder einzustecken." Herr Schmidt sah ihn an, als hätte der Praktikant vorgeschlagen, die Firmendatenbank mit einem Gummihammer zu reparieren.
Aber was soll's, dachte sich Herr Schmidt, schlimmer kann's ja nicht werden, und griff hinter den Computer, wo das Kabelgewirr aussah wie Spaghetti nach einem Kindergeburtstag. Mit einem beherzten Ruck zog er den Stecker. Die Welt hielt den Atem an. Selbst die fluoreszierenden Röhren im Büro schienen zu flackern in Erwartung dessen, was kommen mochte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Herr Schmidt genug Zeit hatte, seine Lebensentscheidungen zu überdenken, stöpselte er den Stecker wieder in die Steckdose. Und siehe da, das Ding machte "Brrrr", Bildschirm an, und alles lief wie geschmiert! Herrn Schmidts Herz machte einen Satz, und er hätte vor Freude fast den Praktikanten umarmt – hätte das nicht gegen die fünf Bände des Büro-Etikette-Handbuchs verstoßen.
Der Praktikant grinste, klopfte Herrn Schmidt auf die Schulter wie ein Trainer, der seinem Schützling gerade den entscheidenden Trick verraten hat, und verschwand wieder in den Wirren des Büro-Dschungels.
Von diesem Tag an war der Neustart-Zauber ein geflügeltes Wort in den Bürofluren. Es gab keine rationale Erklärung, keine technische Rechtfertigung, nur die unausgesprochene Gewissheit, dass, wenn die digitale Apokalypse droht und alle Logik versagt, ein kräftiger Schubs auf den Reset-Knopf manchmal alles ist, was es braucht, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen.