Satiressum – Satire. Scharf. Subversiv.
Veröffentlicht am
Politik

"Ich sehe was, was du nicht sehen darfst": Alice Weidel und das Phantom der Bundestagskamera

Autor
"Ich sehe was, was du nicht sehen darfst": Alice Weidel und das Phantom der Bundestagskamera

Es war einmal im deutschen Bundestag, da fühlte sich eine Frau verfolgt. Nicht von Fakten, nicht von parlamentarischen Anstandsnormen – das wäre ja noch verständlich gewesen. Nein, es war ein Mann mit Kamera. Und das reichte völlig aus, um bei Alice Weidel, der Jeanne d’Arc der ressentimentgeladenen Restvernunft, das Sicherheitsprotokoll Stufe „Presseschreck“ auszulösen.

Der Fotograf Omer Messinger – mutmaßlich ausgestattet mit dem gefährlichsten aller Gegenstände im Reich der Weidel: einer Presseakkreditierung – hatte es gewagt, Frau Weidel zu fotografieren. Mehrmals. Von oben! Von der Tribüne! So etwas macht man nicht. Zumindest nicht unbestraft.

Kamera läuft, Demokratie pausiert

Plötzlich marschieren zwei Männer auf den Fotografen zu. Nein, nicht die Sicherheitskräfte des Bundestags, sondern zwei persönliche Türsteher aus dem Weidel-Universum. Freundlich wie ein feuchter Handschlag im AfD-Kreisverband und subtil wie ein Blauer Block auf einer Pressekonferenz.

"Wer sind Sie?", fragen sie den Mann mit Kamera. "Für wen arbeiten Sie? Warum so viele Fotos von ihr?" – Ein hochprofessionelles Verhör wie aus einem schlechten Spionagethriller, in dem James Bond gegen ein Wahlplakat von Weidel kämpft und am Ende der Presseausweis explodiert.

Der Gipfel der Chuzpe: Einer der beiden Herren wollte sogar den Bundestagsausweis des Fotografen fotografieren. Weil Datenschutz in der AfD nur dann zählt, wenn es um Impfregister, Recherchenetzwerke oder Verfassungsschutzakten geht – aber nicht, wenn man dem freien Journalismus kurz beim Existieren zuschauen will.

Erklärung aus dem Paralleluniversum

Weidels Büro ließ später verlauten, man habe natürlich nicht behindern wollen. Es sei lediglich „neugieriges Interesse“ gewesen. Aha. So wie eine Katze neugierig ist, wenn sie einen Vogel frisst. Oder wie die AfD neugierig ist, wenn sie wissen will, woher du kommst – aber so richtig, mit Ahnenpass und Taufurkunde bitte.

Und sollte ein falscher Eindruck entstanden sein, bittet man um Entschuldigung. Ein klassischer Weidel’scher Satz: Inhaltlich leer, aber sehr gut gebügelt.

Pressefreiheit mit Hausverstand – made in Weideland

Der Grünen-Politiker Omid Nouripour nennt das Verhalten „inakzeptabel“. Ein weiteres Beispiel für die naive Haltung der Altparteien, die immer noch glauben, Demokratie sei ein Ort, an dem Journalisten arbeiten dürfen – ohne vorher beim AfD-Sicherheitsdienst einen Freundschaftsantrag gestellt zu haben.

Weidel hingegen schweigt. Wahrscheinlich denkt sie: „Was ich nicht sehe, ist auch keine Pressefreiheit.“ Oder sie plant schon das nächste Gesetzesvorhaben: "Fotografenpflichtige Zonen im Bundestag – mit Abgabe von Objektiven, Meinungen und Haltung am Eingang."

Wenn Blicke töten könnten, wäre der Bundestag längst leer

Die Ironie: Während Alice Weidel über angeblich eingeschränkte Meinungsfreiheit klagt, lassen ihre Mitarbeiter die Pressefreiheit persönlich überwachen – mit einem Lächeln, das so warm ist wie der Parteitag der AfD in einem Windkraftwerk.

Das Ganze wäre fast komisch, wenn es nicht so traurig wäre. Oder um es mit Weidels Logik zu sagen: "Niemand hat die Absicht, Journalisten zu kontrollieren – wir wollen nur wissen, wer sie sind, wo sie wohnen und ob sie eine Nahaufnahme gemacht haben."