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Politik

Katherina Reiche und das Wunder von Köln: Wie man die Energiewende auf Gas zurückspult

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Katherina Reiche und das Wunder von Köln: Wie man die Energiewende auf Gas zurückspult

Berlin – Bundesministerium für Rückwärtswirtschaft und fossile Wiedergeburt.

Katherina Reiche, die Jeanne d’Arc der Strombremse, hat endlich das geschafft, woran jahrzehntelange Kohlelobbys gescheitert sind: Die Energiewende bekommt ein Tempolimit. Und zwar rückwärts. Mit Vollgas.

Denn was wäre eine Ministerin ohne eine ordentliche Studie? Natürlich keine neutrale. Sondern eine Studie mit eingebautem Rückspiegel, beauftragt beim energiewirtschaftlichen Pendant zu „Frag Mutti“ – dem EWI. Gegründet von RWE, gesponsert von Eon, durchgekuschelt mit Westenergie. Neutraler geht’s kaum. Außer vielleicht, man fragt Friedrich Merz, ob er mit Reiche zufrieden ist. Spoiler: Er hat sie ja berufen.

„Klimaziele? Ja, aber nicht so fanatisch!“ – Reiche in Reinform

„Diese ganzen Erneuerbaren-Ziele – das muss man sich nochmal in Ruhe anschauen“, säuselte Reiche noch als Netzmanagerin bei Westenergie in ein Mikrofon. Kurz darauf war sie Bundesministerin. Wer so flauschig mit der Industrie spricht, bekommt eben ein Kabinettspostchen. Und wer sich die Klimaziele nochmal „in Ruhe anschauen“ will, meint eigentlich: „Ich geb der Sonne frei, wenn Gas liefert!“

Monitoring statt Machen: Wenn Studien denken sollen, was man fühlt

Die neue Lieblingsvokabel im Ministerium: Monitoring. Das klingt wichtig, klingt klug – heißt aber übersetzt: „Wir gucken erstmal, ob uns die Energiewende überhaupt gefällt.“ Und weil man nichts dem Zufall überlässt, werden die Studienautor:innen gleich mit einem Satz Erklärbärliteratur ausgestattet, die ungefähr so offen ist wie ein Kofferraum voller CDU-Wahlprogramme.

Reiches Lieblingsfrage: Wie wenig Klimaschutz ist noch gesetzeskonform?

Dabei soll die Studie – Zitat – „nicht an die bisherigen Zielszenarien der Bundesregierung gebunden sein“. Ach was. Das ist, als würde man einen TÜV beauftragen, der lieber fragt, ob man das Auto überhaupt fahren sollte. Oder noch besser: Ob nicht ein Diesel von 1996 einfach realistischer ist als dieser neumodische Elektrokram.

Studienziel: Alles bleibt, wie es nie war

Im Mittelpunkt der Überlegungen steht natürlich der Strombedarf – und wie man ihn möglichst kleinredet. Nach dem Motto: Wenn wir einfach annehmen, dass eh niemand in Zukunft Strom braucht, brauchen wir auch keine Windräder mehr. Und falls doch jemand Strom will, steht ja immer noch ein Gaskraftwerk um die Ecke, bereit, die Welt zu retten – mit fossilem Charme und LNG aus freundlichen Diktaturen.

Reiche legt den Turbo ein – beim Abbremsen

Denn während ganz Europa versucht, Netze zu beschleunigen, setzt Reiche an der einzig logischen Stelle an: beim Verlangsamen. Ausbaustopp? Aber mit Stil! Strom aus Wind und Sonne darf nur noch ins Netz, wenn das Netz bereit ist. Und wenn das Netz nicht bereit ist? Pech gehabt. Das ist so, als würde man einem vollen Bus sagen: „Du darfst erst weiterfahren, wenn keiner mehr mitfahren will.“

Und was ist mit den Kosten?

Reiche sorgt sich natürlich um die Systemkosten. Also die Kosten des Systems, das auf gar keinen Fall verändert werden soll. Man könnte auch sagen: Sie will ein kostengünstiges Fossil-Revival mit Erneuerbaren-Anstrich. Oder wie sie es nennt: „Harmonisierung mit internationalen Zielen.“ Man kennt das – wenn Klimaziele zu teuer sind, setzt man sie einfach fünf Jahre später an. Ist ja wie bei der Rente.

Reiche liefert – nur leider ans falsche Jahrhundert

Deutschland ist auf dem Weg in eine strahlende Vergangenheit. Mit der Energiepolitik von gestern, für die Herausforderungen von vorgestern. Reiche hat gezeigt: Wer Klimaziele zu ernst nimmt, ist ideologisch verblendet. Wer sie einfach zurückverlegt, ist „pragmatisch“. Und wer sie gleich beerdigt, wird vielleicht nochmal Lobbyistin des Jahres.

Danke, Frau Reiche. Die Zukunft kann warten. Und wenn sie zu laut nach Strom ruft, sagen wir einfach: „Ruhe da hinten – wir monitoren noch.“