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Politik

„Verfassungsgericht, wir kommen!“ – Wie Alice Weidel, Friedrich Merz und die CDU unsere Demokratie im Namen der Prinzipientreue rückabwickeln wollen

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„Verfassungsgericht, wir kommen!“ – Wie Alice Weidel, Friedrich Merz und die CDU unsere Demokratie im Namen der Prinzipientreue rückabwickeln wollen

Eine Gebrauchsanleitung für den ganz legalen Verfassungsabriss mit Zweidrittelmehrheit.

Berlin, Bundestag, politischer Offenbarungseid – Man könnte meinen, es ginge um etwas Wichtiges. Zum Beispiel um Menschenrechte. Oder Gerechtigkeit. Oder, ganz verrückt: das Bundesverfassungsgericht – das höchste Gericht im Land, Hüterin des Grundgesetzes, Schutzwall gegen Totalitarismus und TikTok-Tribunale.

Aber nein. Stattdessen erleben wir das politische Äquivalent eines Kindergartenstreits um die Frage, wer mit wem nicht spielen darf, weil Onkel Merz gesagt hat, dass die Linke nach Pumuckl riecht.

Szene 1: Alice Weidel erklärt Demokratie

Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende, Grundgesetz-Interpretin im Selbststudium und mit einem Feinsinn für rechtsstaatliche Erosion, betritt die Bühne. Sie sagt:

„Wir stimmen einfach mit – weil wir Verantwortung übernehmen!“

Das ist in etwa so, als würde ein Pyromane behaupten, das Streichholz in der Kita sei nur gefallen. Weidels „staatspolitische Vernunft“ heißt im Klartext: Wir setzen den Richter ein – und wenn er später das Grundgesetz rückabwickelt, nennen wir’s „Verfassung nach deutschem Reinheitsgebot“.

Szene 2: Friedrich Merz zitiert sich selbst – und widerspricht sich dabei

Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender, Bundesjurist der Herzen, Mann mit der Dynamik eines Paragraphenzeichens auf Beruhigungsmitteln, will keine Gespräche mit der Linken führen. Warum?

„Weil Unvereinbarkeitsbeschluss!“

Das ist ungefähr so sinnvoll wie ein Koch, der sich weigert, mit Löffeln zu arbeiten, weil die mal in der DDR erfunden wurden.

Gleichzeitig beteuert Merz:

„Wir werden mit der AfD auch nichts machen – jedenfalls nicht bewusst.“

Übersetzung: „Wenn es zufällig passiert, war’s bestimmt die IT. Oder ein Hacker. Oder Habeck.“

Szene 3: Die SPD – diplomatischer Dauerkrampf in Endlosschleife

Die SPD, ausgestattet mit drei Kandidatinnen, hundert Bittbriefen an die Union und einem immer kürzer werdenden Geduldsfaden, steht daneben und ruft:

„Bitte, Friedrich, spring doch über deinen Schatten!“

Doch der Schatten ist länger als die politische Halbwertszeit mancher SPD-Kanzler. Merz bleibt stur – und droht damit, die Verfassungsrichterwahl notfalls der AfD zu überlassen. Ein bisschen wie: „Ich bringe das Baby lieber zur AfD-Kita, als es den Linken zum Stillen zu geben.“

Szene 4: Die Linke – darf mitspielen, aber nur, wenn sie unsichtbar bleibt

Die Linke ruft aus der Zuschauerreihe:

„Moment, in Sachsen haben wir euch den Haushalt gerettet. Bei der Kanzlerwahl auch geholfen. Wollen wir nicht einfach mal... reden?“

Antwort CDU:

„Nein. Reden wäre Kooperation. Und Kooperation mit der Linken ist schlimmer als 17 AfD-Stimmen und eine Wählerumfrage bei der Jungen Freiheit.“

Man wünscht sich fast, die Linke würde sich kurz als CSU umbenennen – dann gäbe es wenigstens einen „Ausrutscher in der Abstimmung“.

Szene 5: Karlsruhe ruft – und niemand hört hin

Drei Richter*innen sollen gewählt werden. Einer davon ist Günter Spinner – Jurist, Arbeitsrichter, vom Bundesverfassungsgericht empfohlen. Klingt solide, oder? Aber weil die CDU sich weigert, mit der Linken zu sprechen, und die SPD ihre Koalitionsbrüder nicht wecken will, droht nun: Der erste Verfassungsrichter mit rechtem Mitbringsel.

Sollte Spinner nur mit AfD-Stimmen ins Amt kommen, hätten wir einen Präzedenzfall mit Zündschnur. Denn wenn Karlsruhe zum ersten Mal seine Richter vom Rechtsaußenflügel geliefert bekommt, wird das Grundgesetz nicht mehr interpretiert – sondern umgeschrieben.

Demokratie nach Merz-Weidel-Art ist wie Jenga mit Napalm

CDU und AfD spielen Tetris mit dem Verfassungsgericht, während die SPD nervös versucht, das Spielfeld mit Klebeband zu fixieren. Die Linke sitzt auf der Ersatzbank und wird permanent als „kommunistisches Risiko“ gebrandmarkt – während die AfD grinst, nickt und sich innerlich für die nächste Kulturkampfrichterin warmläuft.

Das Verfassungsgericht ist nicht das Problem. Das Problem sind die, die mit Prinzipien winken, während sie das Fundament aushöhlen – mit Fraktionsdisziplin, Wählertaktik und ideologischer Realitätsverweigerung.

Letztes Wort aus dem Irrenhaus der Verfassungspolitik:

„Alice Weidel nennt’s Verantwortung. Friedrich Merz nennt’s Prinzip. Wir nennen’s: Verfassungsroulette mit Rechtsdrall.“

Nächstes Thema auf satiressum.de: „Wenn Karlsruhe kippt – wie man Demokratie mit einer einzigen Abstimmung in die Rente schickt. Und warum Alice Weidel sich dabei als Krankenkasse versteht.“