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NRW-Kommunalwahl 2025: Demokratie im Trainingsanzug

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NRW-Kommunalwahl 2025: Demokratie im Trainingsanzug

Die qKommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sind durch, und man kann sagen: Die Demokratie lebt – aber sie kommt keuchend daher, mit Schweißband auf der Stirn und leichtem Bierbauch, wie ein Altrocker, der zum dritten Mal eine „Abschiedstournee“ ankündigt. 56,8 Prozent Wahlbeteiligung! Für NRW ist das eine Sensation, fast so, als hätte man im Lotto gewonnen, obwohl man nur Rubbellose gekauft hat. Zum Vergleich: 1994 lag die Beteiligung bei fast 82 Prozent, aber da war auch Bundestagswahl – ein Gratisdöner zum Wahlzettel sozusagen.

Die Hauptstadtjournalisten hatten sich am Wahlabend schon die Hände gerieben. Sie träumten von einem politischen Armageddon gegen die Merz-Klingbeil-Regierung. Doch statt „House of Cards“ gab es „Sendung mit der Maus“: viel Erklärung, wenig Drama. Die große Abrechnung blieb aus – der Wähler hat schlicht den Stift gezückt und gedacht: „Ach, lass mal, das da oben geht mich nix an, ich kreuz einfach irgendwas an, was nicht sofort nach Verfassungsschutz klingt.“

Volksparteien: Von der Champions League in die Kreisliga

CDU und SPD kamen 2004 noch auf zusammen 75 Prozent. Heute sind’s 55. Das ist, als würde ein Restaurant von „All-you-can-eat“ auf „Drei Salzstangen und ein Glas Leitungswasser“ umstellen – und trotzdem Stammgäste erwarten. Man nennt sie weiterhin „Volksparteien“, aber der Volkskörper hat sich längst entschieden, seine Stimme auch an exotische Spezialitätenstände zu vergeben. Statt Currywurst-Pommes gibt’s jetzt Sushi, vegane Linsenbällchen und hin und wieder einen scharfen AfD-Chili.

Die Analyse der Politikwissenschaftler klingt dementsprechend: „dramatisch“. Dramatisch ist auch das richtige Wort, wenn man sieht, wie CDU und SPD ihren Niedergang kommentieren: mit breitem Grinsen, als hätten sie soeben 0:5 verloren, aber immerhin den schönsten Platzsturm des Abends hingelegt.

AfD: Socken statt Playstation

Die AfD konnte ihr Ergebnis fast verdreifachen. Mathematisch ist das imposant, politisch wirkt es wie ein Kindergeburtstag, bei dem statt der erhofften Playstation am Ende nur selbstgestrickte Socken im Geschenkpapier liegen. Landesweit 14,5 Prozent, in Gelsenkirchen sogar Bürgermeister-Stichwahl – aber im Ruhrgebiet hat selbst Schalke schon öfter Meistertitel geholt.

In Münster dagegen gerade einmal 4,5 Prozent. Da wirkt die AfD ungefähr so attraktiv wie ein Bierzelt in der Fastenzeit. In Bonn 6,0 Prozent, in Aachen 7,7 – das reicht nicht mal für eine gescheite Karnevalssitzung. Die Gesichter der Parteifunktionäre am Wahlabend erinnerten an Leute, die zum dritten Mal im Restaurant nach der Rechnung fragen und dann merken: Sie haben den Geldbeutel im Auto vergessen.

Grüne: Vom E-Scooter ins Schlagloch

2020 waren die Grünen die Kings. 20 Prozent, mehr Rathäuser als die Sparkasse Filialen. Doch fünf Jahre später sieht es so aus, als sei die Hype-Welle am Rheinufer gebrochen und im Matsch steckengeblieben. Minus 6,5 Prozentpunkte – trotz Regierungsbeteiligung.

Von einem Amtsbonus ist nichts zu spüren. Wahrscheinlich liegt er irgendwo in einer verstaubten Schublade des Landtags, zwischen alten Faxrollen und der Bedienungsanleitung für den Röhrenfernseher. Grüne Kabinettsmitglieder? In den Umfragen so beliebt wie Parkscheinautomaten bei Dauerregen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt – Stichwahlen stehen noch an, und vielleicht findet sich noch irgendwo ein Lastenrad mit Turbo, das das Ergebnis nach vorne schiebt.

Stichwahlen: Speed-Dating der Demokratie

Fast 150 Stichwahlen. NRW verwandelt sich damit in die Tinder-Arena der Politik: CDU gegen SPD, SPD gegen AfD, CDU gegen Grüne, Grüne gegen SPD – ein Wähler-Karussell, das schneller dreht als die Kirmes in Herne. Besonders beliebt: das Spiel „Alle gegen AfD“. Man stelle sich vor, wie die Kandidaten aller demokratischen Parteien gemeinsam auf der Bühne stehen, die Hände hochreißen und rufen: „Bitte kreuzt alles an, nur nicht den Typen mit dem Deutschland-Schal!“

Stichwahlen sind die neue Normalität. Es fühlt sich fast so an, als gehöre es zum guten Ton, dass der Bürger zweimal im Monat in die Wahlkabine stolpert – Demokratie im Abo-Modell.

Internationale Vergleiche: Trost im Ausland

Während die AfD jubelt und gleichzeitig die Mundwinkel hängen lässt, schaut man neidisch nach England. Dort marschierte die Reform-UK-Partei gleich mit Stadtratsmehrheiten durch. NRW denkt sich: „Schön für euch, aber wir haben immerhin mehr Karnevalswagen.“

Fazit: NRW ist bunt – aber nicht hübsch gestrichen

Die Kommunalwahlen 2025 in NRW sind ein Lehrstück: Demokratie lebt, aber sie stolpert über ihre eigenen Schnürsenkel. Die Volksparteien schrumpfen, die AfD schielt auf die große Bühne, die Grünen kämpfen mit dem eigenen Kater, und der Rest schaut zu, als wäre das alles eine sehr lange Impro-Show.

Doch immerhin: Das Volk hat abgestimmt, der Stimmzettel ist gefaltet, und am Ende bleibt der Eindruck: Die Demokratie in NRW gleicht einem leicht verbeulten Opel Corsa – rostig, aber fährt noch. Und das, meine Damen und Herren, ist in diesen Zeiten fast schon eine Erfolgsmeldung.