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Sondervermögen oder Sonderverwirrung? - Wie Deutschland Brücken in den Haushalt baut – und die Glaubwürdigkeit abreißt
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Es gibt Momente in der deutschen Finanzpolitik, da fragt man sich unwillkürlich: Sitzen im Kanzleramt eigentlich noch Politiker oder bereits passionierte Taschenspieler? Der neueste Trick trägt den wohlklingenden Namen „Sondervermögen für Infrastruktur“. Klingt nach glänzenden Autobahnen, schnittigen Schnellzügen und Brücken, die mehr halten als nur Wahlversprechen. In Wahrheit handelt es sich jedoch um nichts anderes als ein groß angelegtes Spiel der Haushalts-Mikado-Künstler: Wer zuerst wackelt, verliert – am Ende aber stolpern alle über denselben Schlagloch-Teppich.
Die Bahn als Sparschwein
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft sollen 18,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen in die Deutsche Bahn fließen. Jubel? Fehlanzeige. Gleichzeitig kürzt man im regulären Haushalt 13,7 Milliarden Euro für die Schiene. Ergebnis: Die Bahn hat am Ende nicht mehr Geld, sondern nur mehr Verspätungen mit Goldrand.
Man könnte fast meinen, die Regierung hat das Geschäftsmodell der Bahn verinnerlicht: viel versprechen, wenig liefern – und trotzdem am Ende ein Ticket für den ICE-Express ins Finanznirwana verkaufen. Die Züge rollen zwar nicht pünktlicher, aber die Haushaltszahlen immerhin geschmeidiger über die politischen Gleise.
Brücken bauen mit Haushaltslöchern
Bei den Brücken sieht es kaum besser aus. 2,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen die maroden Betonriesen sanieren. Klingt gut – bis man erfährt, dass gleichzeitig die Mittel für Bundesfernstraßen um 1,7 Milliarden Euro gekürzt werden. Heißt im Klartext: Man saniert Brücken, die zu Straßen führen, die demnächst aussehen wie die Mondoberfläche.
Deutschland entwickelt damit eine völlig neue Ingenieurskunst der Absurdität: Eine glänzende Brücke, die zu einer Straße führt, die keiner mehr benutzen will, weil man unterwegs mit dem Kleinwagen in einem Krater verschwindet. Willkommen zur Weltpremiere von „Architektur des Paradoxons“.
Glaubwürdigkeit als Sonderausgabe
Das IW spricht von einem „schweren Foulspiel“. Treffender könnte man es nicht sagen. Während draußen Millionen Bürger brav ihre Steuererklärung machen, spielt die Bundesregierung mit Milliarden wie beim Monopoly: Sondervermögen kaufen, Kernhaushalt verkaufen, Straßen ins Nirgendwo bauen und am Ende eine Gefängniskarte ziehen – nur ohne den unbezahlbaren Charme von Würfeln und Straßenhotels.
Die Glaubwürdigkeit der Regierung ist inzwischen so löchrig wie ein Berliner Pflasterstein im Februar. Jeder Ökonom, der auf Transparenz hofft, bekommt stattdessen ein Rätselheft: „Finde die Milliarden – jetzt mit extra vielen Sondertöpfen!“
Von der Politik zur Zaubershow
Eigentlich sollte das Sondervermögen zusätzlich wirken, als Turbo für Digitalisierung, Straßen und Schienen. Stattdessen erleben wir das Gegenteil: Projekte wandern vom Kernhaushalt in den Sondertopf, während die frei gewordenen Gelder in Sozialausgaben, Wahlgeschenke oder „kreative Prioritäten“ fließen.
Man hat den Eindruck, die Bundesregierung hat nicht einen Haushalt, sondern gleich eine Illusions-Show erfunden: Der Finanzminister als David Copperfield der Haushaltskunst, der Milliarden verschwinden lässt – und sie im nächsten Moment als Brücke nach Nirgendwo wieder hervorzaubert. Applaus gibt’s nur aus dem Regierungsviertel.
Der Bürger als Komparse
Der Normalbürger, der jeden Tag auf der Schlaglochstraße zum Bahnhof rumpelt, um dort in einen verspäteten ICE zu steigen, schaut fassungslos zu. Offiziell heißt es: „Wir investieren Milliarden in Infrastruktur.“ Praktisch bedeutet das: Sie dürfen noch länger auf dem zugigen Bahnsteig warten, während oben die Regierung PowerPoint-Folien mit Balkendiagrammen präsentiert.
Fast könnte man glauben, die Regierung wolle mit der Infrastrukturpolitik die deutsche Comedy-Landschaft fördern: Denn jedes Schlagloch, jede ICE-Verspätung und jede halbherzig reparierte Brücke liefert Stoff für mindestens drei Kabarettprogramme.
Sondervermögen, Sonderpeinlichkeit
Die große Reform der deutschen Infrastruktur besteht derzeit nicht darin, Beton zu gießen oder Schienen zu verlegen, sondern Ausreden zu bauen. Während Ökonomen warnen und Experten verzweifeln, übt sich die Regierung im kreativen Jonglieren. Heraus kommt kein funktionierendes Straßennetz, sondern eine Mischung aus politischem Flickenteppich, finanzieller Illusion und satirischer Steilvorlage.
Oder wie man es auch sagen könnte: Deutschland baut keine Brücken mehr zwischen Städten – sondern nur noch zwischen Wahlkampf und Haushaltslöchern. Stabil wie ein Kartenhaus im Herbststurm, teuer wie ein ICE-Ticket ohne Sitzplatzreservierung, und genauso verlässlich.