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Politik

Wenn Demokratie den Stahlhelm anprobiert

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Wenn Demokratie den Stahlhelm anprobiert

In Washington hat man es schon gesehen: die Nationalgarde marschiert, als hätte jemand versehentlich ein Kriegsfilm-Set mitten in die Hauptstadt verlegt. Offiziell geht es um „grassierende Gewaltkriminalität“. Unoffiziell könnte man meinen, der Präsident habe das Netflix-Abo gekündigt und sucht nun Unterhaltung, indem er Soldaten durch Wohngebiete schickt. „Call of Duty: White House Edition“ – nur ohne Reset-Knopf.

Nun soll auch Chicago in den Genuss dieser Sicherheitsoperette kommen. Gouverneur JB Pritzker reagierte verschnupft und sprach von einer „Invasion“. Damit setzte er sich prompt der Gefahr aus, dass Trump ihn für einen schlechten Schauspieler in Independence Day 3 hält. Denn Trump hat bekanntlich ein Faible für Drama – vorzugsweise selbst inszeniert, mit ihm in der Hauptrolle, dem Publikum als Statisten und der Demokratie als unbezahltem Komparsen.

Krisen aus der Konservendose

Trump begründet den Einsatz mit „grassierender Kriminalität“. Das klingt nach Seuche, Epidemie, Zombie-Apokalypse. Praktisch, wenn man eine Armee im Schrank stehen hat und sie mal auslüften will. Kritiker sagen: Die Krise sei frei erfunden. Trump sage: „Fake News.“ Beobachter sagen: Alles ist Theater. Und tatsächlich wirkt es, als habe die Regierung die Krise wie eine Konservendose im Vorratsschrank gefunden: Haltbar bis 2026, ideal für Wahlkampfzeiten.

Gouverneure im Widerstand

Pritzker und seine demokratischen Kollegen, etwa Marylands Wes Moore, haben schon länger den Verdacht, dass Trump nicht nur „Sicherheit“ will, sondern eine neue Serie: „America’s Next Top Soldier“. Das Casting läuft in Baltimore, Boston, Chicago und New York. Teilnahmebedingung: Bürgermeister*in muss Demokrat sein, Kulisse muss Großstadt sein, und die Straßen müssen sich gut für Kamerafahrten eignen.

Pritzker geht noch weiter und mutmaßt: Trump wolle die Zwischenwahlen 2026 direkt mit den Truppen organisieren. Man stelle sich vor: Wahlurnen bewacht von Soldaten, Wahllokale nur mit Einladung, und das Ergebnis wird auf Truth Social live verkündet – selbstverständlich mit dem Siegel „100 % sicher, geprüft vom Oberbefehlshaber höchstpersönlich“.

Wahlkampf mit Uniform

Die Methode ist alt: Wer Probleme nicht löst, inszeniert einfach größere. Trump hat das perfektioniert. Statt „Brot und Spiele“ gibt es „Streit und Spezialeinheiten“. Die Botschaft lautet: Wenn es schon keine Jobs gibt, dann immerhin Panzergeräusche zum Frühstück. Und dass alle betroffenen Städte demokratisch regiert sind? Zufall, reiner Zufall! So zufällig wie ein Würfel, der grundsätzlich auf der Trump-Sechs landet.

Politische Pyrotechnik

Bereits im Juni ließ er die Nationalgarde in Los Angeles aufmarschieren, als dort Menschen gegen seine Einwanderungspolitik protestierten. Woanders gibt es bei Demos Polizeipferde, in Trumpland gibt es gleich Marineinfanteristen. Eine Mischung aus Blockbuster und Abschreckung, garniert mit dem patriotischen Flair von billigem Popcorn.

In Washington wiederum patrouillieren die Truppen schon länger. Offiziell zur Sicherheit. Inoffiziell könnte man sagen: Das Weiße Haus wollte endlich einen Garten mit Zierfiguren – nur dass die Figuren bewaffnet sind und keine Gartenzwerge.

Der Monopoly-Präsident

So entsteht das Bild eines Präsidenten, der die USA wie ein Monopoly-Spielbrett betrachtet: Wer auf „Demokraten-Stadt“ landet, zieht keine Ereigniskarte, sondern gleich ein Bataillon. „Gehe direkt zur Nationalgarde, gehe nicht über den Kongress, ziehe keine Checks & Balances ein.“

Während Gouverneure warnen, Soldaten hätten in den Straßen nichts zu suchen, sieht Trump das anders: Für ihn ist die Demokratie eine Baustelle – und wer schon einmal eine Baustelle ohne Bauhelm gesehen hat, weiß: Das geht gar nicht. Also Stahlhelm auf, Demokratie marschieren lassen.

Sicherheit oder Show?

Die Frage, ob es wirklich um Sicherheit geht, stellt sich kaum noch. Eher darum, ob Trump sich selbst noch toppen kann. Von der „Mauer gegen Mexiko“ zum „Militär gegen alles“ – die Eskalationsspirale dreht sich. Vielleicht plant er schon die nächste Stufe: Nationalgarde im Kindergarten, damit die Kinder beim Lego-Bauen „amerikanische Werte“ hochhalten.

Bleibt nur noch offen: Wird am Ende die Kriminalität sinken? Wahrscheinlich nicht. Aber die Einschaltquote für Trumps Dauerserie „Law & Disorder“ könnte neue Rekorde erreichen.