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Der Abrisspräsident – Donald Trump und der Ostflügel, den es nicht mehr geben durfte
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Vom Denkmal zur Denkmalsünde
Es rumpelt, scheppert und donnert im Herzen Washingtons – nein, diesmal ist es kein politischer Skandal, sondern ganz buchstäblich der Sound der Geschichte, die unter einem Bagger verschwindet. Während Denkmalschützer noch an ihren Formularen verzweifeln, schwingt Donald Trump bereits die verbale Abrissbirne:
„Wir reißen’s ab, Leute. Der Ostflügel war alt, hässlich, langweilig. Jetzt wird’s wieder großartig!“
Man kann sich das Bild vorstellen: Der Präsident steht im goldenen Schutzhelm mit seinem Logo drauf – „Make White House Great Again“ –, während im Hintergrund der historische Ostflügel zu Staub zerbröselt.
Aus der geplanten „Modernisierung“ ist binnen weniger Tage eine architektonische Apokalypse mit Fanfare geworden. Was als „kleine Renovierung“ begann, klingt inzwischen wie ein Bauprojekt zwischen Pharao Ramses II. und einem Las-Vegas-Casino-Betreiber: pompös, sinnfrei, aber mit garantiertem „Wow“-Effekt.
Die neue Architektur des Egos
Der neue Ballsaal des Präsidenten – laut Trump „das schönste, was die Welt je gesehen hat“ – soll Platz für 1.000 Gäste bieten, von denen vermutlich 999 auf der Einladung stehen, um den einen wirklich wichtigen Gast zu beeindrucken: Donald Trump selbst.
Die geplanten Details lassen selbst König Ludwig II. erblassen:
- Vergoldete Säulen, weil Marmor „nicht luxuriös genug klingt“
- Kristalllüster, die größer sind als manche Mietwohnung in New York
- Ein Marmorboden in Schachbrettoptik, weil der Präsident das Gefühl liebt, seine Gegner niederzuspielen – notfalls buchstäblich
Und natürlich darf eine Brücke zum Hauptgebäude nicht fehlen. Warum eine Brücke? Weil Trump sich ungern mit gewöhnlichen Fluren abgibt. Er will aufsteigen – auch architektonisch.
„Wir mussten das alte Gebäude abreißen, um es richtig zu machen“, erklärte Trump stolz. Das klingt wie die Lebensphilosophie eines Mannes, der fest glaubt, man könne die Demokratie retten, indem man sie erstmal abreißt und in Goldfolie neu aufbaut.
Die Finanziers des Größenwahns
Offiziell wird das Ganze „privat finanziert“. Trump spricht von „großartigen Patrioten und wunderbaren Unternehmen“. Inoffiziell munkeln Beobachter, dass die Spenderliste irgendwo zwischen Ölkonzernen, Burgerketten und einem russischen Oligarchen mit zweifelhafter Vorliebe für Baustahl rangiert.
Ein besonders pikantes Detail: Durch die Privatfinanzierung entfällt jede Kontrolle des Kongresses. Das bedeutet: Trump darf bauen, was er will, wie er will – und so teuer, wie es gerade in sein Narrativ passt.
„Kein Steuerzahler zahlt einen Cent“, versichert er. „Außer natürlich, wenn er meine Hotels besucht.“
Wenn Geschichte Deko wird
Der Ostflügel, einst Heimstatt der First Ladies und Schauplatz zahlloser Staatsbesuche, wurde mit sanfter Stimme verabschiedet – von einer Sprecherin, die betonte, „alle historischen Elemente seien digital gescannt worden“. Mit anderen Worten: Die Geschichte wurde in die Cloud verschoben, wo sie leise vor sich hinpuffert.
Es ist, als hätte man die Mona Lisa verbrannt, um Platz für ein Selfie zu schaffen – aber immerhin mit HD-Kopie auf Google Drive.
Die White House Historical Association bemüht sich um Schadensbegrenzung:
„Wir bewahren den Geist des Ostflügels.“
Woraufhin ein Reporter trocken fragte:
„Meinen Sie den Geist, der jetzt in der Abrisswolke herumspukt?“
Die Kunst der rhetorischen Akrobatik
Trump selbst bleibt unbeeindruckt. „Wir berühren das Weiße Haus nicht“, sagte er – während hinter ihm ein Bagger freundlich zurückwinkte. Die Realität sei, so der Präsident, „Fake News“. Das Gebäude stehe schließlich immer noch – minus Ostflügel, plus Vision.
Er verglich sich mit früheren Präsidenten:
„Viele haben das Weiße Haus verändert. Ich tue nur, was Lincoln getan hätte – wenn er Stil gehabt hätte.“
Und während Historiker Schnappatmung bekommen, preist Trump den neuen Ballsaal als „Ort der Einheit“. Ein Ort, an dem Demokraten und Republikaner, Reiche und Superreiche, Generäle und Golfpartner gemeinsam feiern sollen. Man darf sicher sein: Die Reden werden kurz, die Spiegelwände lang – und der Applaus vom Tonband.
Die Sprecherin als Schutzschild
Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt bezeichnete die Empörung über den Abriss als „künstlich“ und fügte hinzu:
„Die Leute wollen feiern, nicht meckern.“
Eine bemerkenswerte Aussage, bedenkt man, dass es hier nicht um den Abriss einer Gartenlaube, sondern um ein nationales Symbol geht. Aber wer Trump kennt, weiß: Für ihn ist Geschichte kein Erbe, sondern eine Designoption.
Er möchte Amerika „wieder großartig“ machen – und wenn dazu gehört, den Ostflügel gegen einen prunkvollen Tanztempel einzutauschen, dann sieht er darin keine Zerstörung, sondern:
„Ein visuelles Upgrade. Wie ein neues iPhone – nur mit Sprengstoff.“
Goldene Zeiten, graue Zukunft
Dass der Ballsaal noch vor Ende seiner zweiten Amtszeit fertiggestellt sein soll, verwundert niemanden. Denn Trump plant offenbar schon seine Abschiedsfeier im eigenen Werk. Ein Ball zu Ehren seiner selbst, mit Reden über sich selbst, unter Kronleuchtern, die nur dann funkeln, wenn er es befiehlt.
Kritiker nennen das Ganze ein „Denkmal des Größenwahns“. Trump nennt es „großartig“. Und wahrscheinlich hat er recht – im Sinne eines Mannes, der glaubt, Geschichte sei nur der Trailer zu seiner eigenen Reality-Show.
Wenn eines Tages Touristen den neuen Ostflügel besuchen, wird ihr Guide vielleicht sagen:
„Hier stand früher das Büro der First Lady. Jetzt ist hier die Tanzfläche des ersten Mannes, der alles abreißen musste, um sich selbst zu feiern.“
Und irgendwo, zwischen Marmor, Gold und Eitelkeit, wird Trumps Geist leise flüstern:
„Ich hab’s euch gesagt – es ist das schönste Gebäude der Welt.“