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Gazproms neue Traumbeziehung – „Power of Siberia 2“: Wenn Röhren mehr Loyalität haben als Partner
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Gazprom, einst der stolze Energieriese, der halb Europa im Winter mit Gas beatmete, ist in eine tiefe Sinnkrise gestürzt. Nord Stream 1 & 2 liegen wie gescheiterte Liebesbriefe am Grund der Ostsee, Europa hat sich abgewendet – und plötzlich sitzt man da, mit mehr Gas als Abnehmern. Einziger Lichtblick: China. Der neue Partner, der alles richten soll.
Doch wer glaubt, Gazprom baue eine Pipeline, irrt. In Wahrheit baut Russland gerade an einer neuen Abhängigkeit – und nennt das „Power of Siberia 2“. Schon der Name klingt wie ein Superheldenfilm, der dringend ein gutes Drehbuch bräuchte.
Die Pipeline, die es (noch) gar nicht gibt
Gazprom-Chef Alexei Miller verkündete stolz: Ein rechtsverbindliches Memorandum sei unterschrieben. Man kennt solche Papiere: viele Stempel, viele Siegel, viele Kameras. Aber niemand weiß, ob daraus tatsächlich Gas fließt. China selbst schweigt höflich – in den Staatsmedien ist nur die Rede von „über 20 Kooperationsvereinbarungen“. Pipeline? Vielleicht, vielleicht auch nur Teehandel oder der Export sibirischer Pelzmützen.
Es wirkt ein wenig wie eine Beziehung, in der einer schon die Hochzeitsanzeige in die Zeitung setzt, während der andere noch überlegt, ob er überhaupt die Telefonnummer speichern soll.
50 Milliarden Kubikmeter – klingt groß, ist aber Luftbuchung
Laut Plan sollen 50 Milliarden Kubikmeter Gas 30 Jahre lang nach China rauschen – das entspricht ungefähr Nord Stream. Doch entscheidende Fragen bleiben unbeantwortet: Wann fängt der Bau an? Wer zahlt? Und vor allem: Wieviel zahlt China am Ende für das Gas?
Miller erklärte immerhin, dass man den Chinesen weniger berechne als den verbliebenen europäischen Kunden. Das ist in etwa so, als würde man den neuen Partner im Restaurant einladen und dem Ex am Nebentisch trotzdem noch die Rechnung zuschieben.
China – der neue Schwarm, der nicht „Ich liebe dich“ sagt
Putin feiert die Pipeline schon als strategischen Durchbruch, als „historischen Sieg“. Doch in Wahrheit hat China alle Trümpfe in der Hand. Es kann jederzeit günstiger Flüssiggas aus Katar ordern, Kohle aus Australien einfliegen lassen oder eigene Windparks hochziehen.
Russland hingegen sitzt da wie ein verliebter Teenager: mit Blumenstrauß, Rabattkarte und einem 3.000 Kilometer langen Rohr. China lächelt höflich, nimmt die Blumen – und geht dann noch mit Katar ins Kino.
Zahlenjonglage im Stil von Gazprom
Aktuell fließen 38 Milliarden Kubikmeter über „Power of Siberia 1“. Bald sollen es 44 sein, später mit „Power of Siberia 2“ über 50. Dazu noch zwölf Milliarden Kubikmeter ab 2027 über die „Fernost“-Pipeline von Sachalin nach Wladiwostok. Das klingt nach gewaltigen Mengen – aber gemessen am Verlust des europäischen Markts ist es eher ein Notpflaster.
Europa kaufte einst jährlich über 150 Milliarden Kubikmeter russisches Gas. Selbst wenn China alles abnimmt, bleibt die Bilanz wie ein Konto nach dreißig Jahren Zockerei:
Das politische Märchen von der Pipeline
Putin verkauft die Einigung als geopolitischen Coup. „Europa braucht uns nicht? Gut, dann drehen wir einfach den Hahn nach Osten auf.“ Doch die Realität sieht anders aus: China bestimmt den Preis. Russland liefert. Punkt.
Was in Moskau als „strategische Partnerschaft“ gepriesen wird, ist in Wahrheit ein einseitiger Rabattvertrag, der China noch billigeres Gas verschafft und Russland auf die Rolle des Bittstellers
Wenn Röhren mehr Beständigkeit haben als Allianzen
Am Ende steht ein groteskes Bild: Während Gazprom sich selbst für „Power of Siberia 2“ feiert, bleibt unklar, ob die Pipeline jemals rechtzeitig fertig wird, ob China wirklich langfristig kauft – oder ob die Röhre am Ende als Monument russischer Selbsttäuschung in der Taiga rostet.
Satirisch gesprochen: Gazprom hat Europa verloren, sucht nun bei China Trost – und merkt nicht, dass es in dieser Beziehung nur der Ersatzreifen im Kofferraum ist.
Der Ex-Partner Europa schaut zu
Europa blickt amüsiert nach Osten. Früher hieß es: „Russland kann ohne Europa nicht existieren.“ Heute zeigt sich: Es kann auch ohne China nicht glänzen – höchstens rabatten.
Die eigentliche Pointe: Gazprom ist zum Tinder-Date der Weltpolitik geworden. Europa hat nach links geswiped, China nach rechts – aber nur, solange der Rabattcode gilt.
„Power of Siberia 2“ – weniger ein Energieprojekt, mehr eine verzweifelte Liebeserklärung in Stahl und Beton.