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Oranje ist das neue Hoffnungsgrau – Rob Jetten, der Mann, der den Niederlanden das Lächeln zurückbringt

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Oranje ist das neue Hoffnungsgrau – Rob Jetten, der Mann, der den Niederlanden das Lächeln zurückbringt

Die Niederlande haben gewählt – und zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit scheint man dort wieder über etwas anderes zu sprechen als über Migration, Identität oder ob man Tulpen jetzt genderneutral bezeichnen sollte. Ein junger, lächelnder Mann hat das Land aus der politischen Dauer-Tristesse geholt: Rob Jetten, 38, linksliberal, optimistisch – und so poliert, dass man sich fragt, ob er jeden Morgen mit Bio-Klarlack versiegelt wird.

Er ist das, was man bekommt, wenn man Mark Rutte, Barack Obama und eine niederländische Wärmepumpe genetisch kombiniert: effizient, freundlich, klimaneutral und nie wirklich aus der Ruhe zu bringen. Und er hat geschafft, was seit Jahren als unmöglich galt: den ewigen Meckeronkel Geert Wilders in die Schranken zu weisen – mit Charme, Fakten und einem Lächeln, das so strahlend ist, dass Windmühlen neidisch Energie abgeben.

Der Aufstieg des höflichen Revoluzzers

Jetten ist der Prototyp des modernen Politikers, der sogar beim Thema Steuererhöhung aussieht, als würde er gleich eine Dankeskarte dafür schreiben. Er begann seine Karriere jung, smart und ehrgeizig – was in der niederländischen Politik ungefähr so selten ist wie ein funktionierendes Fahrradschloss in Amsterdam. Mit 30 wurde er Fraktionschef der D66, jener Partei, die sich irgendwo zwischen Vernunft, Veganismus und Verkehrswende einordnet.

Er war Klimaminister, bevor es cool war, und hat es geschafft, über Wärmepumpen zu reden, ohne dass jemand eingeschlafen ist. Seine Vision: eine Zukunft, in der Menschen gemeinsam anpacken, statt sich gegenseitig auf Twitter zu blockieren.

„Wir müssen wieder nach vorn blicken“, sagte Jetten – und Millionen Niederländer nickten kollektiv, als hätten sie gerade von einem charismatischen Lehrer erfahren, dass Hausaufgaben diesmal Spaß machen könnten.

Der Anti-Wilders mit der Flagge

Im Wahlkampf gelang Jetten das Unmögliche: Er präsentierte sich als Anti-Wilders, ohne zur langweiligen Alternativlosigkeit zu verkommen. Während Wilders wieder einmal wütend ins Mikrofon rief, dass das Land dem Untergang geweiht sei, wenn irgendwo ein Minarett zu hoch gebaut wird, antwortete Jetten sinngemäß: „Geert, setz dich hin, trink ein Wasser, und lass uns das mal rational betrachten.“

Statt Empörung setzte er auf Enthusiasmus. Statt Angst auf Argumente. Und statt Parolen auf Poesie – was in den Niederlanden ungefähr so exotisch ist wie Salsa in Gouda.

Er posierte mit der niederländischen Flagge, um sie „zurückzuerobern“. Kein martialischer Akt, sondern eher eine farbenfrohe Wiederaneignung nationaler Normalität. Es war, als wolle er sagen: „Patriotismus darf wieder freundlich lächeln.“

Ein Wahlkampf wie aus einer Feelgood-Serie

Dass Jetten inzwischen fast schon eine Popfigur ist, liegt nicht nur an seinem politischen Stil, sondern auch an einem geschickten Zufall: Während des Wahlkampfes lief im Fernsehen seine Teilnahme an der Quizshow „De slimste mens“ („Der klügste Mensch“). Dort räumte er souverän das Halbfinale ab und bewies, dass man auch in der Politik schlau, witzig und sympathisch wirken kann – drei Eigenschaften, die in Kombination seit Jahrzehnten als unvereinbar galten.

Er war charmant, schnell und selbstironisch – während Wilders vermutlich gerade irgendwo ein Mikrofon anschrie. Die Zuschauer liebten ihn, und plötzlich war Politik in den Niederlanden kein trister Kampfplatz mehr, sondern fast so unterhaltsam wie eine Folge „The Great Dutch Bake-Off“.

Der linksliberale Obama in Holzschuhen

Natürlich vergleicht man ihn inzwischen mit Barack Obama. Nur dass Jetten weniger „Yes we can“ und mehr „Ja hoor, het kan echt!“ sagt – was in etwa bedeutet: „Klar, es geht, aber wir müssen pünktlich anfangen und bitte recyceln.“ Sein Motto lautet „Es geht doch“, die niederländische Übersetzung von „Hoffnung mit Pünktlichkeit“.

Und tatsächlich – Jetten ist der Inbegriff dessen, was in Europa derzeit selten geworden ist: ein Politiker, der begeistern kann, ohne hysterisch zu werden. Er verkörpert jene pragmatische Euphorie, bei der man merkt: Hier hat jemand verstanden, dass Optimismus keine Schwäche ist, sondern eine Energiequelle.

Privat: Ein Mann zum Mögen

Auch privat schreibt Jetten Geschichte: Er ist der erste offen homosexuelle Politiker mit realistischen Chancen, Premierminister der Niederlande zu werden. Verlobt mit dem argentinischen Eishockeyspieler Nicolás Keenan, lebt er eine Selbstverständlichkeit vor, die man in vielen europäischen Ländern noch als Revolution bezeichnen müsste. Er selbst nennt es schlicht „Normalität“.

Vor einigen Jahren hatte er homophobe Hassnachrichten öffentlich gemacht – und statt zu schweigen, antwortete er mit Witz, Würde und einem „Danke für Ihre Meinung, aber mein Glück brauchen Sie nicht zu mögen.“ Kurz gesagt: ein Mann, der nicht laut kämpft, sondern leise überzeugt.

Der neue Mark Rutte – nur in Farbe

Beobachter sehen in Jetten den Nachfolger des langjährigen Premiers Mark Rutte, nur mit weniger neoliberaler Schärfe und mehr Menschlichkeit. Rutte war die politische Teflonpfanne, an der alles abperlte. Jetten hingegen ist eher der recycelbare Edelstahlkochtopf: solide, glänzend, und irgendwie besser fürs Klima.

Sein Aufstieg markiert den Abschied von 20 Jahren Dauerzynismus. Er steht für einen Generationswechsel – vom Granteln zum Gestalten, vom Misstrauen zum Mut.

Hoffnung made in Holland

Rob Jetten ist kein Populist, kein Prophet, kein Blender – er ist die seltene Mischung aus Intellekt und Idealismus. Ein Politiker, der Hoffnung verkauft, aber keine Heilsversprechen. Er will die Gesellschaft nicht spalten, sondern sortieren – ordentlich, freundlich und mit einem Lächeln, das sogar das niederländische Wetter kurz aufklart.

Ob er der nächste Premier wird, ist noch offen. Aber eins steht fest: Er hat die Niederlande daran erinnert, dass Politik nicht zwangsläufig nach verbrannter Erde riechen muss. Manchmal riecht sie einfach nach Kaffee, Optimismus und einer kleinen Brise Meerwind.

Oder, um es in Jettens Worten zu sagen: „Es geht doch. Man muss nur wollen – und Wind haben.“