Satiressum – Satire. Scharf. Subversiv.
Veröffentlicht am
Politik

SPD und der neue Stahl-Katechismus – wenn Politik schmiedet, was die Hochöfen kaum noch hergeben

Autor
SPD und der neue Stahl-Katechismus – wenn Politik schmiedet, was die Hochöfen kaum noch hergeben

Es ist wieder soweit: Die SPD hat ein Strategiepapier vorgestellt, das klingt, als sei es in einer Mischung aus Montanunion-Nostalgie und Instagram-Motivationscoaching verfasst worden. Titel: „Standort stärken, Transformation voranbringen, Arbeitsplätze sichern“. Sechs Seiten, die klingen, als könne man damit eine marode Brücke abstützen – zumindest auf dem Papier.

Stahl oder nichts – Klingbeil schmiedet Pathos

SPD-Chef Lars Klingbeil formulierte es so: „Wir müssen in wichtigen Bereichen wie unserer Infrastruktur bevorzugt Stahl nutzen, der hier produziert wird.“ Das wirkt wie eine Mischung aus Vaterlandsparole und Einkaufsliste: Brot, Milch, deutsche Stahlträger. Klingbeil klingt dabei, als wolle er sich persönlich an den Hochofen stellen, nur um sicherzugehen, dass kein chinesischer Schraubenschlüssel ins Fundament einer Autobahnbrücke rutscht.

Bas legt nach – die Sicherheit der Nation hängt am Schweißgerät

Arbeitsministerin Bärbel Bas sieht das Ganze gleich als nationale Sicherheitsfrage. Wer keinen eigenen Stahl mehr produziert, der muss im Notfall Panzer aus Pressspan zusammenzimmern oder Brücken aus Buchenholz basteln. Und das will wirklich keiner sehen – außer vielleicht IKEA.

Die Botschaft lautet: Ohne deutsche Hochöfen geht das Abendland unter. Nur die SPD kann das verhindern, indem sie heimische Stahlträger wie bedrohte Tierarten behandelt. Statt „Save the Whales“ heißt es nun: „Save the Stahl“.

„Buy European“ – wenn Protektionismus zum Lifestyle wird

Das Papier fordert einen „Buy European“-Ansatz. Übersetzt: Keine Brücke, kein Stadion, keine Autobahnraststätte mehr ohne europäische Schweißnähte. Ob die Baukosten dadurch steigen? Bestimmt. Aber immerhin weiß man dann: Die marode Brücke über die A45 wurde ehrlich überteuert mit deutschem Stahl gebaut – und nicht billig aus Fernost. Ein Trostpflaster aus Eisen, wenn man so will.

Russischer Stahl? Nur noch als Deko verboten!

Ein Importverbot für russische Stahlerzeugnisse soll her. Klingt gut, nur hat die Praxis den Charme eines doppelten Rohrbruchs: Russische Ware kommt schon jetzt gern durch Hintertüren wie Serbien oder die Türkei. Aber die SPD verspricht, auch diese Schlupflöcher zu stopfen. Vielleicht mit Stahltüren?

Wunschkonzert mit Washington

Im gleichen Atemzug fordert man ein Abkommen mit den USA, um dort wieder zollfrei Stahl verkaufen zu können. Das Problem: In den USA heißt „America First“ auch „Steel First“. Aber die SPD glaubt offenbar, Joe Biden würde demnächst den „Buy German“-Tag ausrufen. Realistischerweise wird es wohl eher ein „Buy More Tariffs“ geben.

Die Realität dampft wie ein Hochofen

Während die SPD ihre Strategie entwirft, rostet die Realität vor sich hin.

  • Die Autoindustrie hat die Stahlbestellungen drastisch gekürzt – E-Autos brauchen mehr Akkus als Stahlplatten.
  • Die Energiepreise haben Hochöfen in Stromfresser verwandelt, die mehr schlucken als jede Krypto-Mine.
  • Und die Klimaziele machen aus jeder Schmelze eine Art Feinstaub-Sünder, die sich nur mit Milliardenhilfen zur „grünen Transformation“ retten lässt.

Der Kanzler und sein Stahlgipfel

Kanzler Friedrich Merz hat für den Herbst einen „Stahlgipfel“ angekündigt. Man darf sich darauf freuen: Politiker in Anzügen, die Stahl als Rückgrat der Nation beschwören – während draußen ein chinesischer Frachter voller Billigblech im Hamburger Hafen entlädt. Ergebnis des Gipfels wird vermutlich eine weitere Arbeitsgruppe: die „Taskforce Stabile Narrative“.

Die SPD schmiedet Luft

Die SPD verkauft Stahl als magisches Allheilmittel: Er soll Arbeitsplätze retten, die Wirtschaft stärken, die Demokratie sichern und obendrein die nationale Identität polieren. Stahl als neues Grundgesetz, wenn man so will.

Nur vergisst man dabei, dass Märkte und Energiepreise sich herzlich wenig um SPD-Strategiepapiere scheren. Solange ein Container aus China billiger ist als ein halber Hochofenlauf in Duisburg, bleibt die „Stahlstrategie“ so wirksam wie eine Schubkarre im ICE-Werk.

Randbemerkung für’s Protokoll: Vielleicht wäre es ehrlicher, wenn die SPD gleich ihr Wahlprogramm in Stahl gießen lässt. Nicht nur als Symbol für Standhaftigkeit – sondern auch, weil sich die Papierversion ohnehin keiner mehr durchliest.