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Shutdown – die USA im Dauercliffhanger
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Es gibt in den USA Dinge, die sind so sicher wie der Sonnenaufgang: Starbucks hat Pumpkin Spice im Herbst, irgendein Senator blockiert eine Gesetzesvorlage – und alle paar Jahre droht die Regierung stillgelegt zu werden. „Shutdown“ heißt das Zauberwort. Das klingt nach Neustart-Knopf am Computer, bedeutet aber in Wahrheit: Beamte nach Hause, Nationalparks zu, Touristen gestrandet und Soldaten im Dienst ohne Gehalt.
Diesmal ist es wieder soweit. Der 1. Oktober naht, und Washington legt den Schalter zur Selbstsabotage schon mal griffbereit auf den Tisch.
Vizepräsident Vance: Schuld sind – Überraschung! – die Demokraten
JD Vance, Trumps Vize mit dem Pokerface eines schlecht gelaunten Pokaldeckchens, trat nach dem Treffen im Weißen Haus ans Mikrofon und tat, was Republikaner in diesen Tagen am besten können: Schuldzuweisungen verteilen wie Rabattgutscheine. Die Demokraten seien „grotesk“ und „inakzeptabel“. Übersetzung: Sie haben die Unverschämtheit, ein anderes Weltbild zu haben als Donald Trump.
Vance: „Die Demokraten tun nicht das Richtige.“ Kommentar der Realität: „Das Richtige“ bedeutet in Trumps Wörterbuch meistens „das, was mir gefällt“.
Demokraten im höflichen Warteschleifenmodus
Auf der anderen Seite bemühen sich die Demokraten um Seriosität. Hakeem Jeffries spricht von „bedeutenden Differenzen“, Chuck Schumer betont, Trump entscheide am Ende sowieso. Das Ganze klingt weniger nach Verhandlungen, eher nach „Können wir bitte reden, bevor der Haushaltszug gegen die Wand fährt?“ – während Trump schon den Fahrplan zerreißt.
Streitpunkt Gesundheitspolitik: Medicaid oder Märchenstunde?
Im Kern geht es um Kürzungen bei Medicaid, also Gesundheitsleistungen für Menschen mit wenig Geld. Die Demokraten wollen das zurückdrehen, Trump schreit: „Die wollen Migranten versorgen!“ Blöd nur: Migranten ohne Aufenthaltsstatus haben gar keinen Anspruch darauf. Aber warum sich mit Fakten abmühen, wenn sich Schlagworte so viel besser verkaufen lassen?
Man stelle sich das wie einen Kochwettbewerb vor: Die Demokraten reichen einen Teller Suppe ein, die Republikaner brüllen: „Skandal! Illegale Kartoffeln!“
Shutdown-Folgen: Urlaub für die Bürokratie, Stress für alle anderen
Ein Shutdown bedeutet nicht, dass alles stillsteht. Nur das Unbequeme:
- Beamte: Ab nach Hause – endlich weniger Aktenstapel, dafür mehr Netflix.
- Militär und Sicherheitskräfte: Dürfen weiter schuften, allerdings gratis. Patriotismus als Währung – leider bei Vermietern wenig akzeptiert.
- Nationalparks: geschlossen. Endlich Ruhe für den Bären im Yellowstone, der sich über Selfie-Touristen aufregt.
- Touristen: sitzen fest, Flüge fallen aus. Willkommen in Amerika, bitte genießen Sie den ersten authentischen Eindruck – Chaos, das pünktlich auftritt.
Der US-Reiseverband beziffert die Kosten auf eine Milliarde Dollar pro Woche. Oder anders gesagt: eine neue Trump-Golfanlage alle sieben Tage.
Historische Einordnung: Shutdowns als Volkssport
Seit 1981 gab es mehrere Shutdowns, der längste in Trumps erster Amtszeit: 39 Tage. Damals mussten Beamte fast anderthalb Monate lang zusehen, wie ihr Kühlschrank leerer wurde, während Kongressabgeordnete weiter pünktlich kassierten.
Und auch diesmal gilt: Der Präsident und der Kongress bekommen selbstverständlich ihr Gehalt. Das ist ungefähr so, als würde der Kapitän eines sinkenden Schiffs den Passagieren Schwimmwesten verweigern, aber sich selbst mit Champagner versorgen.
Amerika liebt das Drama
In Washington hat man längst verstanden: Ein funktionierender Haushalt ist langweilig, aber ein drohender Shutdown – das bringt Schlagzeilen, TV-Auftritte und parteipolitisches Theater.
Am Ende wird es wie immer laufen: Nach Tagen oder Wochen des Chaos einigen sich alle auf einen Kompromiss, der niemanden zufriedenstellt – aber allen erlaubt, sich als Sieger zu verkaufen.
Bis dahin bleibt nur eines sicher: Der eigentliche Shutdown findet nicht in den Behörden statt, sondern im politischen Verstand.