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Der Spion, der im Bus saß – Norwegens rollende Überraschung aus China
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Norwegen ist bekannt für atemberaubende Fjorde, glückliche Lachse und E-Autos, die leiser sind als das Summen einer Steckdose. Doch neuerdings sorgt dort etwas anderes für elektrisierte Stimmung: chinesische Elektrobusse, die offenbar nicht nur fahren, sondern auch nach Hause telefonieren.
Mehr als 1.350 dieser Fahrzeuge sind im Land unterwegs, 850 davon vom chinesischen Hersteller Yutong – dem Elon Musk unter den Batterie-Buddhisten. Die Dinger sehen schick aus, gleiten emissionsfrei durch Oslo, laden artig an der Steckdose – und übertragen dabei heimlich brav alle Fahrzeugdaten nach Fernost.
Man könnte sagen: Die Norweger haben den Traum der nachhaltigen Mobilität erreicht. Leider ist der Traum cloudbasiert – und der Server steht in China.
Mission: „Bus Impossible“
Der öffentliche Verkehrsbetrieb Ruter, zuständig für Oslo und Umgebung, wollte es genau wissen. Norwegische Gründlichkeit trifft auf Wikingerneugier – da macht man keinen normalen Test. Nein, man geht unter Tage. In einer stillgelegten Mine, irgendwo zwischen Trollhöhle und technologischem Schockraum, startete das Experiment: Wie sicher sind eigentlich unsere schicken Elektrobusse?
Mit dabei: ein paar westliche Modelle, ein niederländischer Bus (der sich als digital keusch erwies), und natürlich die chinesischen Yutongs.
Schon nach wenigen Minuten wurde klar: Der westliche Bus sendete Daten – ja. Aber in etwa so harmlos wie eine E-Mail an den Kundendienst: „Mir ist kalt, bitte Heizung prüfen.“ Der chinesische Bus hingegen plauderte munter drauflos: Standort, Motortemperatur, Batterie, GPS-Koordinaten, Reifendruck, Stimmung des Fahrers – alles ging raus.
Wenn man den Datenfluss visualisiert hätte, wäre er wahrscheinlich heller geleuchtet als das Nordlicht.
„China calling“ – Wenn der Bus ferngesteuert zurückwinkt
Dann kam die Erkenntnis, die Norwegen elektrisierte (und nicht im umweltfreundlichen Sinne): Die Busse ließen sich von China aus fernsteuern.
Über eine unscheinbare elektronische SIM-Karte in Rumänien – einem Land, das bislang eher für Dracula als für Datenrouting bekannt war – wurde eine direkte Verbindung zu Servern in China hergestellt.
Ein Klick in Zhengzhou – und zack, der Bus in Oslo bleibt stehen. Noch ein Klick – Türen verriegelt. Noch einer – Türen geöffnet. Ein weiterer – hupen.
Mit anderen Worten: Yutong hatte mehr Kontrolle über norwegische Busse als der Busfahrer selbst.
Oder wie es ein anonymer Ingenieur später zusammenfasste:
„Wir dachten, wir kaufen Busse – dabei haben wir ein Netflix-Abo für China abgeschlossen.“
Diagnose aus der Ferne – oder: Wenn der Bus mehr über sich weiß als der Fahrer
Die Norweger fanden heraus, dass der Hersteller aus der Ferne jederzeit auf alle Diagnosedaten zugreifen kann. Temperatur, Batteriezyklen, Fehlerprotokolle – alles in Echtzeit. Der Bus weiß also, wann er müde ist, wann er friert und wann sein Fahrer heimlich in der Pause den Motor laufen lässt.
In China nennt man das vermutlich „effizientes Monitoring“. In Norwegen nennt man es „gruselig“.
Ein Kommentator brachte es auf den Punkt:
„Früher hat man Angst gehabt, dass Russland unsere Gasleitungen kontrolliert. Jetzt kontrolliert China unsere Busse.“
Die schlaue Karte aus Transsilvanien
Dass die Steuerung über Rumänien lief, war für viele der eigentliche Höhepunkt. Denn das klingt, als hätte jemand ausgerechnet Graf Zahl mit der Netzwerkarchitektur beauftragt. „Wir wollten eigentlich CO₂ einsparen“, sagte ein Ruter-Sprecher, „jetzt sparen wir Vertrauen.“
Ruter informierte umgehend das norwegische Verkehrsministerium. Neue Sicherheitsprotokolle seien in Arbeit, hieß es. Auf die Frage, warum man das nicht früher überprüft habe, antwortete man sinngemäß:
„Wir waren zu sehr damit beschäftigt, die Ladekabel richtig zu sortieren.“
Grüne Mobilität, rote Leitungen
Norwegen gilt als Musterland für nachhaltigen Verkehr – dort, wo selbst die Schneepflüge bald elektrisch sind. Doch jetzt dämmert vielen: Wer E sagt, muss auch I sagen. I wie „Internetverbindung nach China“.
Ironischerweise war genau das ja die Idee: emissionsfreie Fahrzeuge, umweltfreundlich, modern. Dass sie gleichzeitig transkontinentale Kommunikationsgeräte mit Fahrgestell sind, stand im Kleingedruckten – vermutlich zwischen den Zeilen „Softwareupdates inklusive“ und „Datenschutz nach chinesischem Standard“.
Wenn der Bus plötzlich mitdenkt
Was bleibt, ist eine groteske, fast poetische Erkenntnis: Die Norweger wollten Busse, die smart sind – und bekamen Busse, die bewusstseinsfähig scheinen.
Vielleicht sind das ja die ersten Zeichen einer neuen Intelligenz auf Rädern. Vielleicht wird bald der Bordcomputer selbst entscheiden, wo’s hingeht:
„Heute nicht Oslo, Leute. Heute fahre ich nach Peking. Akku ist voll, Daten auch.“
Und während das norwegische Verkehrsministerium hektisch neue Vorschriften entwirft, diskutiert das Land über die zentrale Frage: Ist das noch Verkehr oder schon digitale Geopolitik?
Willkommen im globalen Busverkehr 2.0
Norwegen wollte führend in Sachen E-Mobilität sein – und hat jetzt Busse, die sich führen lassen. Von sehr weit weg.
Die Moral der Geschichte: Wer in der Zukunft fährt, sollte wissen, wer das Lenkrad wirklich in der Hand hat. Oder, wie ein Satiriker es formulierte:
„Norwegen hat die Verkehrswende geschafft – jetzt braucht es nur noch die Rückkehrkontrolle.“