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Der Präsident als Chef-Personalverwalter – und der Supreme Court als Schiedsrichter im Demokratie-Labor
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In den USA bahnt sich erneut ein institutionelles Drama an, dessen Drehbuch irgendwo zwischen juristischem Lehrbuch, politischem Thriller und Reality-TV-Anklang changiert. Der ehemalige und vielleicht zukünftige Präsident – nennen wir ihn den Mann, der Personalangelegenheiten gern mit der Eleganz eines stumpfen Vorschlaghammers löst – möchte bei den Behörden einmal gründlich „durchgreifen“. Und zwar so gründlich, dass selbst altgediente Verwaltungsjuristen leise nach ihrer Arbeitsplatzbeschreibung googeln.
Trump, der keine Gelegenheit auslässt, den „Deep State“ wie einen schlecht gelaunten Endgegner in einem Videospiel zu inszenieren, hält es offenbar für eine patriotische Pflicht, unbequeme Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kurzerhand vor die Tür zu setzen. Dass diese Tür gelegentlich die eines unabhängigen Bundesamtes ist, wird dabei als Kollateraldetail betrachtet – ähnlich wie die Tatsache, dass man eine Feuerlöscherprüfung vielleicht doch besser nicht mit einem Flammenwerfer durchführt.
Nun steht jedoch eine Frage im Raum, die im politischen Washington fast so alt ist wie der Präsident selbst: Darf er das überhaupt? Oder genauer gesagt: Darf ein US-Präsident Führungspersonal unabhängiger Behörden einfach feuern, wenn deren Existenz seine Laune trübt?
Der Supreme Court und die Kunst des institutionellen Jenga-Spiels
Nach aktuellen Medienberichten deutet vieles darauf hin, dass das konservativ dominierte Oberste Gericht der USA dazu neigt, die präsidialen Befugnisse eher auszuweiten als einzugrenzen. Kritiker sprechen bereits von einem „gefährlichen Präzedenzfall“, Befürworter von einer „überfälligen Korrektur“ – und neutrale Beobachter schlicht von einem historischen Moment, der die Gewaltenteilung auf eine Weise modernisieren könnte, die Mariachi-Bands bei Präsidentschaftsreden plötzlich realistisch erscheinen lässt.
Konkret geht es um die Entlassung einer demokratischen Kommissarin der Wettbewerbsbehörde FTC. Diese soll – so lauten die Berichte – weniger wegen fachlicher Fehler, sondern eher aufgrund politischer Differenzen ihren Schreibtisch räumen müssen. Sie klagte gegen die Entscheidung. Ein unteres Gericht gab ihr recht: Ein Präsident darf Mitglieder unabhängiger Aufsichtsbehörden nur wegen Ineffizienz, Pflichtverletzung oder Amtsmissbrauchs entfernen. Nicht jedoch, weil man im Kabinett findet, sie gucke zu kritisch.
Doch nun sitzt der Fall im Supreme Court. Und die Richterinnen und Richter zeigen in der Anhörung eine Haltung, die man freundlich als „offen für präsidiale Großzügigkeit“ bezeichnen könnte – weniger freundlich allerdings als institutionelles Jenga-Spiel, bei dem man hofft, dass niemand den falschen Baustein zieht.
Die Geschichte wiederholt sich – oder auch nicht
Interessant ist dabei ein Blick ins Jahr 1935. Damals entschied der Supreme Court einstimmig, dass die Entlassung eines FTC-Kommissars unzulässig sei. Der Grund: Unabhängige Behörden müssten unabhängig bleiben. Ein simples Konzept, das man gern als Grundbaustein jeder demokratischen Architektur beschreibt.
Doch heute tragen diese Mauern sichtbare Risse. Die konservative Mehrheit könnte die historische Entscheidung kippen – und damit dem Präsidenten das Durchgreifen erlauben, das manche Kritiker bereits als „behördliche Personalreform mit Kettensäge“ beschreiben.
Nicht der erste Versuch, nicht der letzte Atemzug
Die FTC ist jedoch nicht die einzige Bühne, auf der der Mann die Personalpolitik zur Waffe macht. Auch Lisa Cook, Gouverneurin der US-Notenbank, musste als nächstes Ziel herhalten. Ihr wird angeblicher Hypothekenbetrug vorgeworfen – ein Vorwurf, der so vage schwebt wie ein Heliumballon auf einer Gartenparty.
Cook bestreitet alles, Trump beharrt, das Supreme Court prüft. Es wirkt fast wie ein ritualisierter Tanz: Er beschuldigt, sie bestreitet, das Gericht bedenkstirnt – und die Demokratie hält kurz die Luft an.
Selbst Fed-Chef Jerome Powell hielt er bereits mehrfach symbolisch über den Abgrund. Ein Präsident, der einer unabhängigen Zentralbank mit Entlassung droht, ist ungefähr so beruhigend wie ein Flugkapitän, der während Turbulenzen durchsagt, er überlege gerade, ob er nicht lieber selbst die Fenster öffnen sollte.
Worum es wirklich geht: Kontrolle oder Chaos
Die große Frage, die über allem schwebt, lautet: Wie unabhängig dürfen Behörden sein – und wie abhängig sollen sie vom Präsidenten werden?
Die Antwort ist politisch, juristisch, philosophisch – und hochgradig satirisch. Denn aus objektiver Sicht wirkt der aktuelle Konflikt wie die institutionelle Version einer Familienfeier, bei der ein Onkel plötzlich verkündet, er wolle jetzt bestimmen, wer warum wann das Sofa benutzen darf.
Befürworter sagen: Ein Präsident müsse die Kontrolle über die gesamte Exekutive haben. Kritiker sagen: Die Unabhängigkeit sei eine Schutzmauer vor Machtmissbrauch. Beobachter sagen: Das Ganze sei ein gefährliches Experiment – und man möge bitte vorher wenigstens einen Feuerlöscher bereitstellen.
Eine Verfassung wankt – oder wird gerade neu geschminkt
Wie das Supreme Court letztlich entscheiden wird, bleibt offen. Doch klar ist: Der Fall ist ein Lackmustest für die Zukunft amerikanischer Gewaltenteilung. Er entscheidet darüber, ob Behörden weiterhin unabhängige Wächter sein dürfen – oder ob sie zu einer Art präsidialem Innendienst degradiert werden, der Dokumente ordnet, Kaffee kocht und vorsichtshalber immer nickt.
Die Welt schaut zu. Die Demokratie hält den Atem an. Und der Präsident? Der sucht vermutlich schon nach dem nächsten Arbeitsplatz, den er „aus Effizienzgründen“ optimieren möchte.