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Kokain, Kriegsschiffe und Kabinettssätze: Trumps Karibik-Strategie zwischen Drohung und Drama

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Kokain, Kriegsschiffe und Kabinettssätze: Trumps Karibik-Strategie zwischen Drohung und Drama

Es gibt politische Situationen, die von solchen inneren Widersprüchen geprägt sind, dass sie entweder aus einem geopolitischen Lehrbuch stammen oder aus dem Drehbuch einer besonders ambitionierten Netflix-Serie. Die jüngsten Aussagen von US-Präsident Donald Trump zum Kampf gegen Drogenschmuggel aus der Karibik lassen vermuten: Wir befinden uns irgendwo dazwischen – im Grenzbereich zwischen Diplomatie, martialischer Inszenierung und improvisierter Erzählstunde à la „Commander in Chief“.

Trump erklärte nach einer Kabinettssitzung, er schließe nicht aus, neben Venezuela auch andere Länder ins Visier zu nehmen. Ein Satz, der in der internationalen Politik normalerweise mit vorangehender Analyse, diplomatischer Abstimmung und zumindest einer halbwegs verbindlichen Faktenlage verbunden wäre. Doch Trump entschied sich für die Kurzversion: Er habe gehört – ein Einstieg, der in einem Staat der Größe der USA ungefähr so angemessen ist wie die Begründung „Ich kenne da jemanden“ in einem Gerichtsprozess.

Er habe also gehört, dass Kolumbien „in Fabriken Kokain herstelle“, das dann in die USA verkauft werde. Eine Aussage, die bei Journalisten im Raum vermutlich erstmal das unwillkürliche Heben einer Augenbraue ausgelöst hat. Kolumbien selbst reagierte erwartungsgemäß ungehalten auf die verbale Einordnung seiner Industriepolitik nach dem Motto: „Kaffee, Bananen, Kokain – alles Made in Colombia?“ Die kolumbianische Regierung kritisierte Trump scharf und erinnerte daran, dass der Kampf gegen Drogen seit Jahrzehnten auch auf kolumbianischem Boden geführt werde – oft unter hohen menschlichen Kosten und in enger Kooperation mit den USA.

Doch die rhetorische Eskalation blieb nicht auf Kolumbien beschränkt. „Jeder, der das tut und es in unser Land verkauft, muss mit Angriffen rechnen“, erklärte Trump und fügte dann auf Nachfrage hinzu: „Nicht nur Venezuela.“ Eine Aussage, die im internationalen Protokoll etwa so dezent ist wie ein Presslufthammer im Kinderchor. Offensichtlich bediente Trump hier erneut jenen politischen Stil, der zwischen Drohung, spontaner Bauchgefühlsbewertung und improvisierter Militärdoktrin pendelt.

Während die diplomatische Welt noch damit beschäftigt war, diese Aussagen auf ihre Bedeutung hin abzuklopfen, hatte die US-Regierung längst gehandelt. Seit Wochen verschärft Washington den Ton gegenüber Venezuela – und nicht nur den Ton. Die USA zogen zusätzliche Soldaten in der Karibik zusammen und verlegten mehrere Kriegsschiffe in die Region, darunter den weltgrößten Flugzeugträger. Die Art von Maßnahme, die normalerweise mit internationalen Konsultationen, Bündnisabstimmungen und einer soliden Lageanalyse verbunden ist – außer natürlich, man betreibt Politik nach dem Prinzip „Show of Force meets Abendunterhaltung“.

Doch es blieb nicht bei militärischer Präsenz. Trump genehmigte zudem verdeckte Einsätze der CIA in Venezuela. Eine Entscheidung, die selbst für ein Land, das im 20. Jahrhundert einen nicht unerheblichen Teil seiner Außenpolitik mit verdeckten Operationen bestritten hat, eine bemerkenswerte Selbstverständlichkeit signalisiert. Kritikern zufolge droht das Vorgehen nicht nur das Völkerrecht zu untergraben, sondern auch jenen Teil der internationalen Gemeinschaft zu irritieren, der zwischen Diplomatie und Intervention noch einen Unterschied erkennt.

Die US-Regierung hingegen spricht von einem legitimen Kampf gegen „Drogenterroristen“. Ein Begriff, der semantisch irgendwo zwischen Politsprech und Actionfilm angesiedelt ist und die eigentliche Komplexität der Region elegant übertönt. Denn bereits jetzt berichten US-Behörden, bei Angriffen auf angebliche Schmugglerboote seien mehr als 80 Menschen getötet worden. Eine Zahl, die für die einen Beweis konsequenter Drogenbekämpfung darstellt, für andere jedoch eher an eine dramatische Überdehnung militärischer Gewalt erinnert.

Und wie so oft in geopolitischen Diskussionen gibt es Stimmen, die hinter dem entschlossenen Antidrogenkurs ganz andere Motive erkennen: beispielsweise einen forcierten Machtwechsel in Venezuela oder ein besonderes Interesse an den reichhaltigen Ölreserven des Landes. Schließlich hat die Weltgeschichte gezeigt, dass spontane moralische Empörung über Drogen oder politische Missstände oft zufällig dort am stärksten ausfällt, wo sich lohnende Bodenschätze befinden.

So bleibt am Ende ein Bild amerikanischer Politik, das gleichermaßen martialisch wie improvisiert wirkt. Ein Präsident, der auf Grundlage vager Informationen Drohkulissen errichtet. Militärische Manöver, die den Drogenhandel zwar symbolisch bekämpfen, aber auch das Risiko weiterer Eskalation bergen. Und eine Region, die zwischen Drogenökonomie, autoritären Regimen, wirtschaftlichem Zerfall und geopolitischen Interessen eingeklemmt bleibt.

Mit einem Satz: Außenpolitik als Mischung aus Cowboy-Rhetorik, Militärshow und geopolitischem Schachspiel – nur dass manchmal unklar bleibt, welche Figuren eigentlich bewegt werden und ob der Präsident gerade tatsächlich Schach spielt oder versehentlich „Mensch ärgere dich nicht“.