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Merz im Gasometer: Wenn heiße Luft auf Hochdruck trifft

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Merz im Gasometer: Wenn heiße Luft auf Hochdruck trifft

Berlin. Tag der Industrie. Draußen Sturmwarnung – drinnen Friedrich Merz. Ein Symbolbild in Reinkultur: Während draußen Stühle durch die Luft flogen, fegte drinnen eine Regierungserklärung über das Publikum hinweg, die sich wie ein Wirtschaftsmanifest las und wie ein Bewerbungsschreiben bei BlackRock klang. Willkommen zur Merz'schen Windkraft der anderen Art – ganz ohne CO₂, aber mit reichlich Ideologie.

Merz, der Wirtschaftsversteher – oder: Wenn das Kanzleramt zur Vorstandsetage wird

Friedrich Merz betritt das Gasometer nicht, er gleitet. Die Wirtschaft klatscht – reflexartig, fast wie beim Quartalsbericht. Kein Wunder: Er ist ja einer von ihnen. Nicht wie Scholz, der sich bei Vorständen ungefähr so wohlfühlte wie ein Veganer auf der Grillparty von Rheinmetall. Nein, Merz versteht, was die Industrie will – und vor allem, was sie nicht will: Steuern, Vorschriften und irgendwas mit Klima.

„Harte Entscheidungen“, verspricht er. „Endlich mal einer, der sich traut!“, raunen sie im Saal. Denn wenn jemand weiß, wie man mit eiserner Faust einen Sozialstaat in einen Steuerparadies-Vorraum umbaut, dann Friedrich „Kanzler des Konzernrechts“ Merz.

Reformrhetorik mit Investment-Glanz

Die Sprache ist klar: Wettbewerbsfähigkeit! Investitionsbooster! Bürokratie-Wegfönung! Wenn Merz spricht, klingt es, als würde die Bundesrepublik gerade von McKinsey restrukturiert. „Reformen wagen“ – nicht wie einst Willy Brandt, sondern eher wie jemand, der Excel-Tabellen Gefühle zutraut.

Dabei ist das „Wagen“ hier weniger ein mutiger Schritt in die Zukunft, sondern vielmehr ein sanftes Nicken Richtung „weniger Staat, mehr Ausschüttung“. Und die Wirtschaft? Lächelt wissend, bestellt Sekt – aber noch ohne Kaviar.

Wirtschaft: Applaus mit Ablaufdatum

Der industrielle Mittelstand hört aufmerksam zu – mit der Haltung eines Kunden, der gerade probiert, ob der neue Staubsauger wirklich saugt. Die Botschaft an die Regierung ist klar: „Ihr seid dran. Wir haben unsere Erwartungen in PowerPoint gepackt.“

Noch gibt sich der BDI diplomatisch. Kritik? Subtil. So subtil wie ein Taschenrechner in der Badewanne. Aber: Die Abrissbirne steht bereit. Sollte Merz doch zu sehr auf soziale Balance setzen (hust), könnte der Stuhl, auf dem er im Gasometer saß, schneller kippen als der nebenan vom Sturm.

Der Sturm, der Symbolik wurde

Während drinnen vom „Silberstreif am Horizont“ gesprochen wurde, flog draußen das Mobiliar in Formation. Sonnenschirme zerlegten sich selbst, Plastikstühle rotierten wie eine Gewerbesteuerdebatte in der FDP. Symbolik? Mehr geht nicht.

Merz im Trockenen. Deutschland im Aufbruch. Die Realität irgendwo dazwischen – mit Windstärke 10 auf dem Arbeitsmarkt und nur einem Schirm als Sozialpolitik.

Merz weht der Wind nicht ins Gesicht – er steht davor und verkauft ihn als Rückenwind

Friedrich Merz macht jetzt Wirtschaftspolitik mit Industriehandschlag und Power-Wortschatz. Sein Auftritt beim BDI: eine Mischung aus Motivationscoach, Investmentbanker und General mit Business-Plan. Die Industrie jubelt – vorsichtig, kontrolliert, mit Notausgang in Blickweite.

Und wenn es demnächst wieder stürmt, wirtschaftlich oder politisch – dann wird Merz schon eine schöne Erklärung dafür finden. Oder ein Gesetz. Oder ein Steuersparmodell.