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Russlands Wirtschaft brummt – nur hört keiner mehr hin
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St. Petersburg, wo die Vergangenheit glänzt und die Zukunft verwaltet wird wie ein verirrter Traktor. Das Wirtschaftsforum läuft. Die Kameras sind bereit. 20.000 Gäste aus 140 Ländern sitzen in Putins Bling-Bling-Bühnenkonstrukt, das aussieht wie eine Mischung aus Davos, Diktatur und „Russland sucht den Superschuldigen“. Und vorne steht er: Wladimir Putin – das sprechende Zukunftsversprechen mit KGB-Festplatte.
Die Wirtschaft schrumpft? Die Frontlinie stockt? Das Ausland isoliert? Papperlapapp! Putin hat eine Rede der Superlative vorbereitet – eine Mischung aus Glanz, Glorie und geopolitischem Größenwahn, gewürzt mit ein paar Sanktionen zum Dessert.
Rezession? Nein. Das ist patriotische Schrumpfung im Dienste der Souveränität.
Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow wagte sich am Vortag vor:
„Wir stehen am Rande der Rezession.“
Putin hört das. Schaut. Und übersetzt in Kremlsprache:
„Wir durchlaufen eine strategische Rückbauphase zur Stärkung der inneren Großrussischen Kreislaufökonomie.“
Der Zins sinkt minimal. Die Investitionen bleiben wie immer aus. Aber Putin erklärt’s charmant:
„Russische Unternehmen brauchen keine westlichen Kredite – sie brauchen Vertrauen. Und wer uns nicht vertraut, wird halt verhaftet.“
Krieg in der Ukraine? Läuft. Im Kreis.
Auch die Ukraine wird erwähnt – ganz beiläufig – als „militärisch-administrative Nachbarschaftskorrekturmaßnahme“. Putin betont: „Wir greifen nur dort an, wo wir bereits angegriffen wurden. Also überall.“
Auf Selenskyjs Seitenhieb, Putin habe sein Mandat überschritten, reagiert der Kremlchef vermutlich mit:
„Was ist ein Mandat? Ich habe Russland.“
Selenskyj dürfe laut Putin ohnehin nicht unterschreiben – weil Wahlen unter Kriegsrecht nicht zählen. Ironie? In Russland gibt es keine Wahlen. Nur Ergebnisse.
Wirtschaft im Rückspiegel – weil Rückwärts immer Vorwärts ist
Putin erklärt die schlechte Konjunktur mit den Worten:
„Unsere Zahlen sind exzellent – rückblickend betrachtet.“
Dass die Inflation bei 3,0 % liegt, bezeichnet er als „emotionale Schwankung des freien Marktes“. Und das geplante BIP-Wachstum von 1,4 % ist für ihn „ein Zeichen dafür, dass Russland sich nicht hetzen lässt.“
Ein echter Kreml-Klassiker: „Wenn wir langsamer wirtschaften, holen wir die Welt bald im Rückwärtsgang ein.“
Putin trifft internationale Gäste – vor allem aus Belarus, Nordkorea und einem Schweizer Alibiverband
Das Wirtschaftsforum rühmt sich internationaler Gäste – genauer: Vertreter aus Demokratien mit mindestens Null Pressefreiheit, vierzig Nationalfeiertagen für den Führer und drei Fernsehsendern mit Putin im Dauermodus.
Putin lächelt. Er betont erneut, Russland sei offen für alle:
„Wir begrüßen Investoren – solange sie nicht aus dem Westen kommen, nicht schwul sind, keine NGOs mögen und möglichst kein Englisch sprechen.“
Die Realität sagt „Au!“ – Putin sagt: „Alles läuft wie geplant.“
Das Wirtschaftsforum dient Putin nicht der Erklärung – sondern der Liturgie. Es ist das orthodoxe Hochamt der Selbstbeweihräucherung, wo Probleme euphemistisch verpackt, Gegner entmenschlicht und Statistiken gebügelt werden.
Wladimir Wladimirowitsch Putin, Kaiser des Rückspiegels, betritt die Bühne wie immer:
Mit 30 % weniger Wirtschaft – aber 300 % mehr Überzeugung, dass alle anderen schuld sind.