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Abgefahren! Wie sich Bahnchef Lutz auf dem Abstellgleis wiederfindet – und der ICE der Vernunft weiter in der Böschung liegt

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Abgefahren! Wie sich Bahnchef Lutz auf dem Abstellgleis wiederfindet – und der ICE der Vernunft weiter in der Böschung liegt

Berlin, im permanenten Stillstand zwischen Bahn-Chaos, Sanierungsstau und Manager-Monopoly

Was für andere eine Kündigung ist, nennt man im Bahnsprech: „einvernehmliche Neuordnung mit freundlicher Restlaufzeit“. So zumindest wird der Rauswurf von Bahnchef Richard Lutz verkauft – dem Mann, der mit vier Uhr morgens, Powerpoint-Folien und leerem Blick in die Weite des maroden Schienennetzes einst antrat, das Unmögliche möglich zu machen: Dass die Bahn irgendwann mal wieder fährt.

Sie tut’s nicht. Dafür fährt jetzt Lutz – aus dem Job.

Die Ausgangslage: Ein Konzern wie ein Bahnhofsklo – teuer, alt, kaputt und keiner will’s reinigen

Seit Jahren dümpelt die Deutsche Bahn wie ein liegengebliebener Regionalexpress durchs Land. Unpünktlich, unübersichtlich und nur mit Glück funktionierend. Einzige Konstante: Streckensperrungen, Signalstörungen und Interviews mit entschuldigenden Pressesprechern.

Und mittendrin: Richard Lutz, Konzernchef, Bahn-Philosoph und lebende Karikatur deutscher Managementkultur. Er arbeitete angeblich 14 Stunden täglich, aber offenbar überwiegend im Bereich „Problemumrundung“.

Pünktlichkeit im Fernverkehr? Von 78,5 % (2017) auf 62,5 % (2023. Und das war vor dem Baustelleninferno.)

Betriebswirtschaft? Die Bahn schreibt so viele rote Zahlen, dass selbst das Logo langsam errötet.

Streckenqualität? Experten sprechen von „historischem Niveau“. Also so Preußische Staatsbahn um 1879, aber mit WLAN, das noch schlechter funktioniert.

Der Abgang: Kein Rausschmiss – nur ein kontrolliertes Entgleisen der Karriere

Verkehrsminister Patrick Schnieder, politisches Neumitglied im Club der „Wir lösen das mit Strategie“, versichert:

„Wir haben nicht über Entlassung gesprochen.“

Natürlich nicht. Sie haben sich nur zufällig auf ein "Vorzeit-Ende" verständigt, wie zwei ICEs, die frontal aufeinander zufahren und dann sagen: „Wir wollten uns eh treffen.“

Lutz’ Vertrag lief bis 2027. Aber da er laut Ministerium eh nicht mehr so viel bewegte wie ein Bahnmitarbeiter mit Funkloch, darf er jetzt – „geschäftsführend verfügbar“ – den Ausblick aus dem Konferenzraum genießen, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin sich traut, die Handbremse wieder loszulassen.

Lutz' Erbe: Ein Sanierungsplan und sehr viel Symbolik

Man muss ihm zugutehalten: Lutz wollte. Er legte 2024 ein dreijähriges Sanierungsprogramm vor. Ziel: – 40 wichtige Strecken generalsanieren – danach keine Störungen mehr – und mindestens fünf Wochen lang keine neuen Ausreden brauchen.

Die Idee: Alles sperren, alles neu machen, alle Fahrgäste verlieren, aber immerhin dann einmal aufgeräumt haben. Das ist ungefähr so, als würde man seine Küche für sechs Monate absperren, damit man danach aufgeräumt kochen kann – aber vorher nur noch Pizza bestellt.

Die Ampelregierung: Licht aus, Strategie an

Die Ampel hatte versprochen, das Bahnmanagement zu „verschlanken“ – vermutlich im Geiste von: „Weniger Köpfe, weniger Schuldige, besserer Spin.“

Nun also der „Neuanfang“ – eine Strategie wird angekündigt, aber niemand weiß, ob sie eher dem Hogwarts-Fahrplan oder einem Thomas-Cook-Restpostenheft entstammt.

Minister Schnieder fragt sich angeblich:

„Wo soll die Bahn in ein paar Jahren stehen?“ Antwort: Wahrscheinlich immer noch irgendwo zwischen Wolfsburg und Paderborn, wegen Stellwerkstörung.

Gewerkschaften, Gepäck und Gerüchte

Die EVG-Gewerkschaft warnt vor einem Führungsvakuum. Die Fahrgäste fragen sich derweil, wo überhaupt jemals Führung war.

Gerüchte kursieren: Wer folgt auf Lutz?

  • Ein Politiker mit Hauptschulabschluss in Gleispsychologie?
  • Evelyn Palla, weil sie mutig genug ist, DB Regio zu leiten und noch nicht komplett resigniert hat?
  • Oder ein externer Sanierungsguru mit harter Hand und ICE-Garantie?

Die Deutsche Bahn ist wie ein verspäteter Zug – alle wissen, dass er kommt, aber keiner weiß, wie kaputt er diesmal ist

Der Abgang von Richard Lutz ist symbolisch: Er geht, aber die Probleme bleiben sitzen. Und zwar auf dem Gleis, im Stellwerk, im Aufsichtsrat und manchmal auch auf dem stillgelegten Klo im ICE Richtung Nirgendwo.

Was die Bahn jetzt braucht? Nicht nur einen neuen Chef, sondern vor allem:

  • Mehr Investitionen.
  • Weniger Polit-Posing.
  • Und endlich eine Entschuldigung von ganz oben, die nicht nur auf dem Bildschirm im Bordbistro angezeigt wird.

Bis dahin: Willkommen bei der Bahn – Ihre Verspätung ist uns Motivation.