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Côte d’Azur statt Kanzleramt: Friedrich Merz entdeckt die Außenpolitik als Urlaubsverlängerung

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Côte d’Azur statt Kanzleramt: Friedrich Merz entdeckt die Außenpolitik als Urlaubsverlängerung

Es gibt Politiker, die wirken in Deutschland wie muffige Hausmeister im Rathauskeller – und dann gibt es Friedrich Merz, der kaum Kanzler geworden, schon auf internationaler Bühne so glänzt, als hätte er dort eine Dauerkarte fürs Rampenlicht gebucht. Während daheim die Koalition knarzt wie eine alte Holztreppe in der Uckermark, steht Merz in Toulon neben Emmanuel Macron und fühlt sich, als hätte man ihm gerade den Schlüssel zu Europa und einen Aperol Spritz gereicht.

Fort de Brégançon, Macrons Sommerresidenz auf einer felsigen Halbinsel: ein Ort, an dem Staatsmänner normalerweise nach 15 Jahren Wartezeit empfangen werden – außer man heißt Merz. Angela Merkel musste sich dort nie den Sonnenbrand holen, Olaf Scholz wäre vermutlich mit der Fähre falsch abgebogen. Merz aber steht da wie ein frisch polierter Präsidentendarsteller, bedankt sich auf Französisch, und siehe da: Es klingt nicht mal nach Volkshochschule, sondern fast authentisch.

Bromance mit Macron: „Zwei Männer am Meer“

Die Pressekonferenz klingt wie das Drehbuch eines kitschigen Buddy-Films:

  • Macron grinst, als hätte er gerade einen neuen Sparringspartner fürs europäische Fitnessstudio gefunden.
  • Merz erklärt: „Politik wird von Menschen gemacht, nicht von Institutionen.“ Ein Satz, der so klingt, als hätte er ihn aus einem Glückskeks gezogen – aber in Frankreich applaudiert man höflich.
  • Beide betonen, wie sehr sie „Zeit füreinander“ haben. Fast könnte man meinen, sie sprechen nicht über Politik, sondern über eine Paartherapie.

Währenddessen schaut Friedrich Merz innerlich wahrscheinlich schon, ob sich der Ausblick aufs Meer als Instagram-Story taugt.

Moldau: Der Sprachkurs des Grauens

Einen Tag später in Chişinau: 80.000 Menschen, Nationalfeiertag, Popstar Irina Rimes auf der Bühne – und Friedrich Merz mittendrin. Er darf als Erster reden. Natürlich auf Englisch, weil das so vereinbart war. Problem: Die meisten Moldauer verstehen ihn nicht. Applaus gibt’s nur bei „Europa“ und „Maia Sandu“.

Dann kommt Donald Tusk: spricht flüssig Rumänisch. Macron legt nach – ebenfalls Rumänisch. Merz steht daneben, als hätte er gerade den falschen Untertitel im Kino erwischt. Immerhin rettet er sich mit einem „La mulți ani, Republica Moldova“. Das Publikum rastet aus, und Merz denkt vermutlich: „So einfach ist Politik?“ Blöd nur: Danach reden die Kollegen weiter in Rumänisch. Merz bleibt der Schüler, der sein Vokabelheft vergessen hat.

Toulon: Politik mit Tapasplatte

Zurück in Frankreich: Der deutsch-französische Ministerrat wird als großer Neustart verkauft. „Leuchtturmprojekte“ heißt die Verpackung. Klingt nach Strahlen, ist aber eher Taschenlampe.

  • Frankreich darf Atomkraft weiter finanzieren – Deutschland bekommt dafür Wasserstoff. Quasi: „Du darfst radioaktiv, ich darf klimaneutral.“
  • Beim Luftkampfsystem FCAS hängt’s wie immer.
  • Das Mercosur-Abkommen? Frankreich blockt, Deutschland schmollt.

Aber immerhin: Man will wieder miteinander reden. Das ist schon Fortschritt genug, wenn man bedenkt, dass Merkel und Macron irgendwann lieber die Möbel im Elysée angeschwiegen hätten, als noch ein weiteres Gespräch über Nord Stream zu führen.

Merz: Europäischer Charmebolzen, deutscher Aktenfresser

Im Ausland wirkt Merz wie ein moderner Staatsmann: verbindlich, charmant, mit Charisma, fast präsidial. In Deutschland dagegen bleibt er oft der Mann, der in Talkshows wirkt, als wolle er gleich die Fernbedienung konfiszieren. In Frankreich: Lächeln, Händeschütteln, „mon cher Emmanuel“. In Berlin: Akten, Ampel-Streit, Haushaltslöcher.

Merz liebt die große Bühne, weil sie ihm das gibt, was er daheim nicht bekommt: Applaus ohne kritische Rückfragen über Rentenpunkte und Pendlerpauschale.

Kanzler auf Welttournee – Publikum daheim gähnt

Was bleibt?

  • Macron endlich glücklich: ein Deutscher, der französische Rhetorik versteht und nicht nur pflichtschuldig übersetzt.
  • Merz glücklich: ein Kanzler, der einmal nicht von Parteifreunden in Talkshows zerpflückt wird.
  • Deutschland weniger glücklich: Denn irgendwann muss er zurückkommen, und dann hilft kein Französisch, sondern nur deutsche Sacharbeit.

Die Wahrheit: Merz und Macron sind die neue Bromance Europas. Aber ob daraus eine stabile Ehe wird oder nur ein Sommerflirt mit Côte-d’Azur-Kulisse – das entscheidet sich nicht in Toulon, sondern in Berlin, wenn die Wähler wieder nüchtern auf die Zahlen schauen.