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Der Damm, der alles kann – Chinas Wasserwunder zwischen Größenwahn, Geopolitik und Geisterbeben
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Kapitel 1: Der große Wurf – Mit dem Bagger ins Paradies
Es war ein stiller Morgen im Himalaja. Schneeleoparden gähnten, 1000-jährige Zypressen flüsterten Geschichten in den Wind, und irgendwo in der Tiefe flüsterte der Yarlung Tsangpo sein heiliges Mantra. Dann kam der Presslufthammer. Ministerpräsident Li Qiang trat vor die Kameras, hob eine Schaufel Erde – und schaufelte damit nicht nur ein ökologisches Paradies zu, sondern auch den letzten Rest Zweifel an Chinas Ambitionen. Willkommen beim Nyingchi-Megadamm – dem wahrscheinlich einzigen Bauwerk, das man selbst aus der Umlaufbahn mit einem verärgerten Seismographen erkennen wird.
Mit schlappen 143,8 Milliarden Euro, einer Handvoll Turbinen und einem Tunnel quer durch das Herz des Himalaja will China zeigen, was echte Macht bedeutet. Und zwar nicht die politische – sondern die tektonische.
Kapitel 2: Beton, Baby!
Statt auf Erneuerbare wie Wind oder Sonne zu setzen – zu volatil, zu hippie – hat sich China für die Lösung entschieden, die garantiert funktioniert: Wasser einkesseln, Natur zerstören und dabei aussehen wie der Held des Jahrhunderts.
Denn wer braucht Artenvielfalt, wenn man Strom für 300 Millionen Klimaanlagen haben kann? Und so wird nun ein Fluss, der sich über Jahrtausende durch Gestein gefräst hat, innerhalb weniger Jahre durch Tunnel, Dämme und Rohrsysteme gejagt – „effizienter“, wie chinesische Beamte sagen, „als jedes Wildtier“.
- Bengalische Tiger?
- 1000 Jahre alte Bäume?
- Der größte Raubtier-Hotspot der Welt?
- Öko-Risikoanalyse: „Lässt sich durch Farbe im Landschaftsmalerei-Museum ersetzen.“
Kapitel 3: Ein Fluss als Fernbedienung – „Wer spült, regiert“
Die indische Regierung beobachtet das Projekt mit wachsender Nervosität – und einer Gänsehaut, die nicht vom Hochgebirgsklima kommt. Denn auf indischer Seite heißt der Fluss plötzlich Brahmaputra und ist kein geopolitisches Deko-Element, sondern: Wasserquelle für Millionen.
Doch China wäre nicht China, wenn es nicht gleich doppelt zugreifen würde:
- Variante A: Hahn zu – Indien wird zur Wüste mit Spiritualität.
- Variante B: Hahn auf – Bangladesch surft auf einer 10-Meter-Welle Richtung Weltuntergang.
Pekings Devise: Wer den Fluss kontrolliert, kontrolliert die Stimmung auf dem Subkontinent. Und das mit einem Bauwerk, das klingt wie ein Pokémon, aber sich verhält wie ein geopolitischer Endgegner: Nyingchi – der Rinnsal-Richter.
Kapitel 4: Beben oder nicht beben – Das ist hier keine Frage
Die Ironie wäre fast schon poetisch, wäre sie nicht potenziell tödlich: Man baut das größte Staudammprojekt der Welt ausgerechnet auf der seismischen Partymeile zwischen zwei tektonischen Platten. Tibet – wo die Erde ohnehin nie stillsteht, weil sie regelmäßig versucht, sich aus ihrer geologischen Misere zu befreien.
Und was macht China? Man hilft nach – mit Milliarden Tonnen Beton und einer Staumauer, die im Fall der Fälle als Wasserrutsche der Apokalypse dienen kann.
- 2008: Damm + Erdbeben = 87.000 Tote
- 2011: Drei-Schluchten-Damm: Seismische Aktivität x7
- Nyingchi 2030: Sponsored by Richter-Skala
Bonusfakt: Jeder Kubikmeter Wasser, den man hier aufstaut, wiegt ungefähr eine Tonne. Und das auf einem Gebiet, das bei einem Furz schon vibriert wie ein Gläschen Prosecco auf einer Waschmaschine.
Kapitel 5: 300 Milliarden Kilowattstunden Ruhm
Drei Prozent. Dafür wird hier gebaut. Drei lausige Prozent des chinesischen Strombedarfs. So wenig, dass man in Peking wahrscheinlich gar nicht mitbekommt, wenn der Strom mal ausfällt – aber genug, um das Klima, die Nachbarn und ein paar tausend Quadratkilometer Erde zu destabilisieren.
Und das Beste? Der Strom wird viermal so teuer wie Wind oder Solar. Das ist ungefähr so, als würde man in der Wüste eine Klimaanlage aufstellen – mit Strom aus einem benzinbetriebenen Generator, der mit Gold gefüttert wird. Und die Leitung nach Shanghai? 1200 Kilometer durchs Gebirge – was selbst DHL nicht ohne Aufpreis liefern würde.
Kapitel 6: Fazit – Wenn Fortschritt Risse bekommt
Was bleibt?
- Ein Fluss, der klingt wie ein heiliger Mönch, aber bald wie ein Presslufthammer rauscht.
- Eine Region, die zum Seismologischen Freizeitpark für Geologen wird.
- Eine chinesische Regierung, die Natur durch Powerpoint ersetzt.
- Und ein geopolitisches Pulverfass, das nur darauf wartet, vom falschen Tweet entzündet zu werden.
Kurzum: Wenn Größenwahn, Staatskapitalismus und Ingenieursarroganz ein Kind zeugen würden, hieße es: Nyingchi – Projekt der tausend Risse.