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Handwerk 4.0 – zwischen Faxgerät und Fachkräftemangel
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Deutschland, das Land der Ingenieure, Dichter und Denker, stolpert bei der Digitalisierung immer noch über das Kabel, das quer über den Werkstattboden liegt. Während die Welt längst in Clouds denkt, hängt das deutsche Handwerk an der Telefonleitung – genauer gesagt: am Faxgerät. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom setzen 25 Prozent der Betriebe dieses Museumsstück der Kommunikation immer noch ein. Das Fax ist im Handwerk also das, was die Kaffeetasse für den Malermeister ist: unentbehrlich und irgendwie immer klebrig.
Wenn Terminbuchung zum Abenteuer wird
Nur 36 Prozent der Betriebe nutzen Online-Meetings – die restlichen zwei Drittel setzen offenbar lieber auf das bewährte „Ich komm vorbei, wenn ich’s schaffe“-Prinzip. Noch absurder: Nicht mal die Hälfte der Betriebe bietet eine Online-Terminbuchung an. Wer also beim Schreiner einen Termin will, muss im Zweifel die Werkstatt persönlich besuchen – zwischen Hobelbank und Kreissäge – oder sich durch ein Telefonband kämpfen, das klingt, als sei es noch auf Kassette aufgenommen.
Die Schulnote: ein deutsches „Na ja“
Die Betriebe selbst wissen, dass sie beim Thema Digitalisierung eher Holzklasse fahren. Als Gesamtnote geben sie sich eine 3,0. Das ist die satirische Übersetzung von: „Wir wissen, dass wir durchfallen müssten, aber in Deutschland gilt Dreien schon als Erfolg.“
Die Rettung: Azubis mit WLAN-Passwort
Interessant ist, wer die Digitalisierung im Handwerk tatsächlich vorantreibt: nicht die Meister, sondern die Azubis. Mehr als die Hälfte der Unternehmen profitiert von deren Digitalkompetenz. Übersetzt: Der 18-jährige Lehrling zeigt dem 58-jährigen Chef, wie man PDFs verschickt, und rettet den Betrieb damit vor dem digitalen Mittelalter. So wird der Ausbildungsplatz plötzlich attraktiver: Nicht nur Werkstoffkunde, sondern auch der Workshop „WhatsApp für Fortgeschrittene“ gehören dazu.
KI – das Monster unterm Werkstatttisch
Beim Thema Künstliche Intelligenz bekommt das Handwerk kalte Schweißausbrüche. Nur vier Prozent nutzen sie. Warum? Weil man Angst hat, dass die KI künftig bestimmt, wie der Fliesenleger die Fuge zieht. Die Vorstellung, dass ChatGPT eines Tages dem Dachdecker erklärt, wie man eine Regenrinne montiert, sorgt offenbar für mehr Angst als jede Insolvenz.
Statt KI gibt es also weiterhin KI – Kaffeepausen-Initiative.
Rohleder mahnt, das Handwerk seufzt
Bitkom-Experte Bernhard Rohleder versucht, Optimismus zu verbreiten: KI könne Rechnungen erstellen, Kundenanfragen beantworten, interne Kommunikation erleichtern. Im Handwerk klingt das aber nach Hexerei. Rechnungen erstellt man schließlich traditionell auf kariertem Papier, Kundenanfragen werden im besten Fall nach drei Wochen mit „Chef ist grad auf Baustelle“ beantwortet.
Fachkräftemangel: Die einzige echte Konstante
Das größte Problem des Handwerks bleibt der Fachkräftemangel. Hier könnte KI tatsächlich helfen – etwa, indem sie die 200 unbeantworteten E-Mails sortiert oder wenigstens die Kaffeemaschine programmiert. Doch statt diese Chance zu nutzen, bleibt man lieber beim Fax: ein Gerät, das Fachkräftemangel wenigstens nicht verschlimmert, weil es so langsam arbeitet, dass man beim Empfang einer Seite schon fast in Rente geht.
Zwischen Steinzeit und Cloud
Das deutsche Handwerk steht also da wie ein Maurer mit Hammer in der einen und Smartphone in der anderen Hand – unsicher, welches Werkzeug eigentlich zum Job gehört. Die Digitalisierung ist für viele noch ein Bauplan, der nicht geliefert wurde. Während Azubis die Werkstatt ins 21. Jahrhundert zerren, klammern sich die Chefs ans Fax wie an ein Stück Holz im digitalen Ozean.
Die Zukunft? Wahrscheinlich so: Meisterbrief mit QR-Code, Online-Termin beim Dachdecker, und wenn der Fliesenleger nicht kommt, schickt die KI zumindest eine Entschuldigung per E-Mail – und zur Sicherheit ein Fax hinterher.