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Milei im Steinhagel – wenn der Sparkurs zurückwirft
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Javier Milei, Argentiniens Präsident, Selbstdarsteller und Hobby-Kettensägenführer, wollte eigentlich Wahlkampf machen. Herausgekommen ist eine Mischung aus Polit-Performance, Straßentheater und Steinschlagwarnung. Denn anstelle von Blumen, Küsschen und Fähnchen flog in den Vororten von Buenos Aires diesmal das harte Feedback: Steine, Flaschen und andere Haushaltsgegenstände.
Ergebnis: Motorhaube eingedellt, Präsident unverletzt – aber die politische Symbolik sitzt tiefer als jeder Pflasterstein.
Milei auf der Ladefläche: Politik zum Anfassen – und Treffen
Statt in einem Konferenzsaal oder hinter kugelsicherem Glas fuhr Milei wie ein Rockstar auf der Ladefläche eines Pick-ups durch die Menge. Neben ihm seine Schwester Karina, die als Generalsekretärin de facto als Familien-Finanzministerin mit Friseurtermin fungiert. Das Bild war wohl so gedacht: Volksnah, kämpferisch, authentisch. Das Problem: Auf einer Pick-up-Ladefläche ist man nicht Volksnah, sondern Volks-Zielscheibe.
Es wirkte wie eine Neuauflage von Mad Max: Fury Road, nur ohne Special Effects – und mit einem Präsidenten, der glaubte, er winkt seinen Fans, während diese ihre Pflastersteine warfen.
Schuldfrage: Politische Gegner oder die Schwerkraft?
Noch während die Steine über die Motorhaube rollten, machte das Regierungslager die Schuldigen aus: natürlich die Anhänger der verhassten Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner. „Kirchnerismo!“ riefen die Offiziellen, als wäre es ein Zauberspruch gegen alles Übel. Dabei wirkte es eher wie die hilflose Erklärung eines Kindes, das beim Fußball die Scheibe einschießt und „Der Wind war’s!“ ruft.
Denn der wahre Grund für die Wurfgeschosse liegt tiefer: Mileis radikaler Sparkurs, der Argentinien zwar in die Schlagzeilen, aber viele Bürger ins Elend treibt.
Mileis Sparkurs: Kettensägenliberalismus live und ungeschönt
Seit seinem Amtsantritt predigt Milei den „Null-Defizit-Staat“ – mit einer Radikalität, die selbst Milton Friedman im Grab rotieren lässt.
- Subventionen für Strom, Gas und Nahverkehr? Abgesägt.
- Öffentliche Jobs? Radikal gestrichen.
- Inflation? Gesenkt, aber eher durch Massenarmut als durch Marktwunder.
Das Ergebnis: Auf dem Papier sieht der Haushalt plötzlich gesund aus. Auf den Straßen sieht man allerdings Menschen, die kaum noch ihre Lebensmittel bezahlen können. Kurz: Milei rettet Zahlen und ruiniert Existenzen.
„Die Freiheit schreitet voran“ – ins offene Messer
Seine Partei trägt den Namen La Libertad Avanza – „Die Freiheit schreitet voran“. In der Realität heißt das: Freiheit schreitet über die Menschen hinweg, während diese Steine hinterherwerfen. Milei inszeniert sich gern als neoliberaler Messias, der den Staatsapparat verschlankt. Für viele Argentinier fühlt es sich eher so an, als würde man mit chirurgischer Präzision den Patienten erschießen.
Die Steine als Volksabstimmung
Die Szene von Lomas de Zamora war weniger ein „Anschlag“, wie die Regierung es verkaufte, sondern eher eine haptische Form der Volksabstimmung. Wenn Wähler keine Stimme haben, greifen sie eben zum Pflasterstein. Man könnte es als brutale Form von Direktdemokratie sehen: Wer zustimmt, bleibt zu Hause. Wer dagegen ist, wirft.
Milei zwischen Idol und Idiom
Seine Fans sehen in ihm den Reformer, der das Land endlich von Korruption und Dauerinflation befreit. Seine Gegner sehen in ihm einen politischen Berserker mit Kettensägenfetisch, der das Land von allem befreit – inklusive Jobs, Subventionen und sozialer Sicherheit.
Und während sich Europa fragt, wie man Populismus in den Griff bekommt, liefert Argentinien schon die nächste Evolutionsstufe: Populismus, der mit offenem Fenster durch den Slum fährt.
Politik, die zurückwirft
Milei wollte Wahlkampf machen, heraus kam eine Szene, die an Monty Python erinnert: ein Präsident, der lächelt und winkt, während ihm das Volk mit Steinen erklärt, was es von seiner Politik hält. Es bleibt die Erkenntnis: Wer den Menschen den Strom abdreht, den Bus verteuert und den Kühlschrank leert, sollte sich nicht wundern, wenn sie das übrig Gebliebene auf die Ladefläche werfen.
In Mileis Argentinien gilt: Der Sparkurs ist so hart, dass selbst die Steine protestieren.