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Julia Klöckner und das Sommerfest der Gleichsetzer – Zwischen Filterkaffee, Filterblasen und medialem Fauxpas

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Julia Klöckner und das Sommerfest der Gleichsetzer – Zwischen Filterkaffee, Filterblasen und medialem Fauxpas

Berlin, Koblenz, Klöcknerhausen. Es gibt politische Fehltritte, es gibt kommunikative Blackouts – und dann gibt es Julia Klöckner. Die Bundestagspräsidentin, offiziell dritte Person im Staate und inoffiziell Social-Media-Influencerin für Wein, Wellness und „Wahrheit“, hat mal wieder einen dieser Momente geliefert, für die selbst der Verfassungsschutz rot wird. Sie hat es geschafft, die taz – linksliberal, ökologisch, manchmal nervig – mit Nius zu vergleichen, einem Portal, das sich intellektuell so weit rechts bewegt, dass selbst Reichsbürger sagen: „Bruder, mach mal halblang.“

Ein Sommerfest mit Frostwirkung

Die Bühne dieser intellektuellen Einhegung rechter Narrative war ausgerechnet ein CDU-Sommerfest. Ein Ort, an dem der Grill noch warm und die Pressefreiheit schon kalt war. Veranstaltungsort: Das Innovationszentrum der CompuGroup Medical in Koblenz – und damit im Eigentum von Frank Gotthardt, dem Mann mit zwei Leidenschaften: Digitalisierung im Gesundheitswesen und die gezielte Vergiftung des medialen Diskurses. Er finanziert neben Serverparks auch Nius – das ist ungefähr so, als würde der ADAC einen Betonmischer sponsern, der regelmäßig in Verkehrsinseln donnert.

Und dort trat Julia Klöckner auf – nicht versehentlich, nicht aus Versehen, sondern ganz bewusst, wie ein Politiker auf Einladung zum Maskenball von Attila Hildmann. Auf dem Event ließ Klöckner dann die intellektuelle Nebelkerze platzen, die sich gewaschen hat: Nius sei der taz gar nicht so unähnlich. Nicht. So. Sehr. Unähnlich. – ein rhetorischer Salto rückwärts mit doppeltem Vergleichsbruch, bei dem selbst ein Logikprofessor Schnappatmung bekommt.

Der Vergleich: Wenn man Tofu und Tatar verwechselt

Natürlich gab es sofort Kritik. Die Linken, die SPD, die Grünen, Journalisten, Intellektuelle, Deutschlehrer – alle meldeten sich zu Wort. Denn wer Nius mit der taz vergleicht, glaubt wahrscheinlich auch, dass Titanic (Satiremagazin) und Titanic (sinkendes Schiff) dasselbe sind, weil beide „manchmal über das Ziel hinausschießen“.

Die taz, immerhin seit Jahrzehnten fester Bestandteil der pluralistischen Presselandschaft, steht für linke Diskurse, Gendersternchen und Artikel über Bio-Toiletten auf Klima-Camps. Nius hingegen für rechte Shitstorms, Fake-News-Folklore und investigativen Dreckwurf aus dem Keller der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie.

Klöckners Vergleich ist also nicht nur unsinnig, sondern auch brandgefährlich: Er legitimiert rechte Narrative, indem er sie als bloße Meinungsäußerung verpackt. Oder, wie es die taz selbst formulieren könnte: „Wir werden hier gerade auf dieselbe Stufe gestellt wie ein Portal, das glaubt, dass Klaus Schwab nachts heimlich Windräder aufstellt, um Chips in die Bevölkerung zu impfen.“

Klöckners Verteidigung: Tanz auf dem Seil der Doppelmoral

Aber Julia Klöckner wäre nicht Julia Klöckner, wenn sie nicht sofort zur Metaebene ausweichen würde. In ihrer eigenen Wirklichkeit handelt es sich bei der Kritik lediglich um eine „linksgrün versiffte Pressehysterie“, bei der es nur darum gehe, konservative Frauen mundtot zu machen. Es ist der klassische Klöckner-Move: Wenn die Fakten gegen dich sind, poste ein Rezept oder verweise auf deine Rolle als Frau in der CDU – ein Teflon-Mantel mit Gender-Lackierung.

Dass der DJV (Deutscher Journalistenverband) den Vergleich als „geschmacklos“ bezeichnete, dass Linken-Fraktionschefin Reichinnek offen den Rücktritt fordert und dass selbst CDU-Veteran Ruprecht Polenz auf Facebook schreibt, dass die CDU „bei Gotthardt nichts zu suchen“ habe – all das prallt an Klöckner ab wie Desinformation an einem Aluhut.

Die Parallelen zu „Nius“: Vielleicht doch nicht so weit hergeholt?

Ironischerweise gibt es vielleicht eine Gemeinsamkeit zwischen Nius und taz – nämlich, dass beide Julia Klöckner nicht wirklich ernst nehmen. Die einen, weil sie zu liberal ist, die anderen, weil sie rhetorisch oft klingt wie ein KI-generierter CDU-Baukasten.

Während Nius linke Journalistinnen anprangert, als würden sie nachts heimlich Karl Marx küssen, fragt sich die taz, wie eine ehemalige Landwirtschaftsministerin mit Faible für Instagram-Filter es geschafft hat, zur Hüterin parlamentarischer Würde aufzusteigen. Vielleicht ist das also die wahre Gemeinsamkeit: ein beidseitiges Schulterzucken gegenüber einer Frau, die ständig versucht, modern zu wirken, aber politisch so 2003 ist wie Dieter Bohlens Vokuhila.

Das Ende vom Lied: Rücktritt oder Reibekuchen?

Ob Klöckner zurücktritt? Wohl kaum. Die Rücktrittsfrequenz bei CDU-Politikern ist ungefähr so hoch wie die Fehlerrate bei Apple-Produkten: Erst wenn der Bildschirm schwarz bleibt und der Home-Button brennt, passiert was. Bis dahin wird fröhlich weitergewurstet. Immerhin: Sollte Klöckner doch noch zurücktreten, bleibt ihr genug Zeit, um ein Kochbuch zu schreiben. Titelvorschlag: „Pikante Vergleiche – Politische Rezepte für rechte Sommerfeste“