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Laubbläser-Republik Zürich: Demokratie im Sturm der Blätter

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Laubbläser-Republik Zürich: Demokratie im Sturm der Blätter

Die Schweiz – das Land, in dem Kühe angeblich glücklicher sind und die Demokratie so direkt, dass selbst die Frage nach der Farbe der Post-it-Zettel vermutlich zur Volksabstimmung kommt. Nun also Zürich, und das Thema klingt wie Satire pur: Laubbläser.

Nicht etwa neue Panzer für die Armee, nicht das Bankenwesen oder die Frage, ob man sich weiterhin an den Käsepreisen die Zähne ausbeißt – nein, die Zürcher stimmen darüber ab, ob das infernalische Wuuuuuuuuuuuuuuummmm dieser Geräte künftig nur noch im Herbst die Straßen terrorisieren darf.

Der Horror im Vorgarten

Laubbläser sind für viele Städter so etwas wie der Zahnarzt ohne Betäubung: unnötig, laut und schmerzhaft. Man will in Ruhe seinen Kaffee trinken, da röhrt plötzlich der Nachbar mit 110 Dezibel durch den Vorgarten – so laut, dass selbst der Hund das Bellen einstellt und die Amseln vor Schreck auf den Süden auswandern.

Doch es ist nicht nur der Lärm. Laut Merkblatt der Stadt Zürich wirbeln die Geräte nicht nur Blätter, sondern auch „Bakterien, Parasiten und Viren“ auf. Kurz: Der Laubbläser ist der Düsenjet des Hundekots. Wer also glaubt, mit einem Spaziergang frische Alpenluft zu atmen, inhaliert in Wahrheit fein zerstäubte Hinterlassenschaften von Bello und Co.

Demokratie bis ins Detail: Das Stimmvolk entscheidet

Die Stadt- und Gemeinderäte fordern ein weitgehendes Verbot. Benzinbetriebene Geräte? Raus. Nutzung ganzjährig? Schluss damit. Nur noch Oktober bis Dezember, danach darf höchstens noch der Nikolaus im Garten pusten.

Und weil es Zürich ist, entscheidet nicht irgendein Ausschuss, sondern das Volk. Man stelle sich die Szene vor: Stimmbürgerinnen und -bürger werfen ihre Zettel ein mit der feierlichen Frage: „Sind Sie dafür, dass der Laubbläser im Frühling schweigt?“ – Demokratie kann so herrlich absurd sein.

Die Gegner: „Verbotskultur!“

Doch nicht alle sind begeistert. Gegner des Vorhabens wittern die nächste „Verbotsorgie“. Schließlich gebe es schon Bußen für übertriebenen Lärm – man müsse den Bürgern nicht auch noch den Laubbläser madig machen.

Die Argumentation klingt in etwa so: „Wenn man einmal anfängt, die Geräte zu regulieren, wo hört man dann auf? Erst der Laubbläser, dann die Motorsäge, und am Ende muss man im eigenen Garten das Laub mit den Händen aufheben wie im Mittelalter!“

Die vergessenen Opfer: Igel und Raupen

Dabei geht es nicht nur um Menschenohren, sondern auch um Tierpfoten. Denn Laub ist mehr als nur Dreck. Für Igel, Käfer, Raupen und andere Mini-Mieter ist es die perfekte Winterdecke. Jeder Laubbläser ist also gleichzeitig ein Bulldozer der Artenvielfalt. Man könnte sagen: Wer heute pustet, verbannt morgen das Tierchen ins Tierheim der Evolution.

Zürich – das Mekka der Laubpolitik

Man muss es der Schweiz lassen: Sie nimmt selbst kleinste Fragen ernst. In Deutschland würde so etwas in einer Bezirksversammlung unter „Verschiedenes“ abgehandelt. In Zürich aber ist es eine Grundsatzentscheidung über Lärm, Ökologie und das gute Leben.

Es hat schon fast etwas Erhabenes: Während anderswo Parlamente über Krieg und Frieden streiten, diskutieren Zürcher mit derselben Ernsthaftigkeit über den Soundpegel eines Gartengeräts. Demokratie at its best – oder worst.

Ein Sturm im Blätterhaufen

Die Abstimmung über Laubbläser ist mehr als nur ein Lärmschutzthema. Sie ist Symbol für den ewigen Konflikt zwischen Fortschritt und Natur, zwischen Freiheit und Regulierung, zwischen Pustrohr und Rechen.

Satirisch betrachtet könnte man sagen: Der Laubbläser ist der Porsche des Kleingärtners – laut, protzig, ökologisch fragwürdig, aber für seine Besitzer ein Zeichen von Macht.

Sollte das Verbot durchkommen, könnte Zürich als erste Stadt der Welt eine neue Touristenattraktion anbieten: „Die große Stille im Herbst“. Besucher aus aller Welt würden kommen, um endlich Blätter zu sehen, die einfach – leise – vom Baum fallen dürfen. Eintritt 15 Franken, Laub kostenlos.