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Brücken bauen in den Himmel: China überwindet Schluchten – und stapelt Schulden
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- tmueller
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China hat wieder zugeschlagen: Nach High-Speed-Zügen, die schneller fahren als so mancher Gedanke, und Städten, die über Nacht aus dem Boden schießen wie Pilze nach einem Regen, gibt es nun den nächsten Rekord fürs Guinness-Buch: die höchste Brücke der Welt. 625 Meter über dem Huajiang-Fluss – also so hoch, dass man fast Sauerstoffmasken an der Fahrbahn verteilen müsste.
Die „Huajiang Grand Canyon Bridge“ ist ein Monument der Ingenieurskunst. Aber auch ein Monument der Widersprüche: Denn gebaut wurde sie ausgerechnet in der Provinz Guizhou – einem Ort, der zwar Brücken stapeln kann wie andere Leute Ikea-Regale, gleichzeitig aber bis zum Hals in Schulden steckt.
Von zwei Stunden auf zwei Minuten – der Turbo der Absurdität
Zwei Stunden dauerte die Fahrt von einem Schluchtende zum anderen. Jetzt braucht man nur noch ein paar Minuten. Für die Einheimischen klingt das praktisch. Für Außenstehende wirkt es, als hätte man mit einer Bazooka auf eine Mücke geschossen.
Warum eine 240-Millionen-Euro-Hängebrücke, wenn es vielleicht auch ein Tunnel oder eine Fähre getan hätte? Ganz einfach: Eine Fähre macht keine Schlagzeilen, eine Brücke im Wolkenkratzerformat schon.
18 von 20: Chinas Brückenolympiade
18 der 20 höchsten Brücken der Welt stehen in China. Das ist keine Statistik mehr, das ist eine olympische Disziplin. Die Welt fragt sich: Brauchen die Chinesen wirklich so viele Brücken – oder wollen sie nur beweisen, dass Newtons Schwerkraft dort weniger gilt?
Während Frankreich mit dem Viadukt von Millau bei 343 Metern schon ehrfürchtig applaudiert, schaut China gelangweilt vom 625-Meter-Balkon herunter und ruft: „Nett, aber ein bisschen niedrig, oder?“
Guizhou: Hoch hinaus, tief im Minus
Guizhou, die arme Provinz mit den reichen Brücken. Die Region ist so hoch verschuldet, dass man dort wahrscheinlich schon Kredite in Brückenform ausstellt. Man könnte meinen, die Verantwortlichen dachten sich: „Wenn wir schon pleite sind, dann wenigstens auf Rekordniveau.“
Es ist, als würde eine Familie mit Mahnbescheiden im Briefkasten ein goldenes Trampolin kaufen – praktisch, um schneller über die Probleme zu hüpfen, aber eben auch völlig absurd.
Symbolik statt Alltagstauglichkeit
Natürlich bringt die Brücke Vorteile. Sie spart Zeit, verbindet Märkte, erleichtert Transporte. Aber sie ist vor allem ein Symbol. Ein Symbol dafür, dass in China Größe wichtiger ist als Nachhaltigkeit, Höhe wichtiger als Bodenhaftung, und Rekord wichtiger als Realität.
Man könnte fast glauben, die Parteiführung hat einen geheimen Wettbewerb laufen: Wer die höchste Brücke, den längsten Tunnel oder den breitesten Boulevard baut, darf sich einen Extrabonus ins Politbüro holen.
Technik trifft Pathos
Die Brücke ist so gigantisch, dass man versucht ist, sie weniger als Bauwerk, sondern eher als politischen Kommentar zu lesen: • Für die Ingenieure ist sie ein Triumph. • Für die Partei ist sie ein Prestigeobjekt. • Für die Bewohner ist sie ein nützlicher Umweg-Verkürzer. • Für die Schuldenkasse ist sie ein weiterer Nagel im Sarg.
Und für Satiriker ist sie ein gefundenes Fressen.
Die Brücke in den Himmel – oder in den Abgrund
Die Huajiang-Brücke verkörpert alles, was China derzeit ausmacht: Größenwahn, Ingenieurskunst, Rekordjagd und das bewusste Ignorieren von Schuldenbergen. Sie ist so hoch, dass man von oben die Zukunft sehen könnte – wenn da nicht die dicken Wolken aus unbezahlten Rechnungen wären.
Sie spart Zeit, ja. Aber sie zeigt auch, wie wenig Zeit man sich in China noch für die Frage nimmt: „Brauchen wir das wirklich?“
Man darf gespannt sein, wann die erste Brücke direkt bis zum Mond angekündigt wird. Mit 384.000 Kilometern Länge wäre sie zwar teuer, aber hey – was sind schon Schulden gegen den süßen Geschmack eines Weltrekords?