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Meinungsfreiheit à la Trump: Nur für Freunde, bitte!

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Meinungsfreiheit à la Trump: Nur für Freunde, bitte!

In den Vereinigten Staaten wird die Meinungsfreiheit gerade neu erfunden – mit einem klaren Zusatz: gilt nur für MAGA-Anhänger und den Präsidenten selbst. Wer das Pech hat, ein Mikrofon in der Hand zu halten und dabei nicht „God bless Trump“ zu sagen, merkt schnell, wie fragil diese Freiheit geworden ist. Jüngstes Opfer: Jimmy Kimmel, Late-Night-Veteran, Millionenpublikum-Liebling und erklärter Trump-Schreck. Seine Show? Abgesetzt. Der Grund? Er hat gewagt, einen Satz zu sagen, der nicht in Trumps Drehbuch passte.

Wenn Disney plötzlich Märchen für Erwachsene schreibt

Offiziell begründet der Sender ABC (gehört bekanntlich zu Disney) die Absetzung damit, Kimmel habe „beleidigende und unsensible Kommentare“ zum Mord an Charlie Kirk gemacht. Übersetzt: Der Moderator hat angedeutet, der Täter könnte womöglich aus Trumps eigenem Umfeld stammen. Ein Gedanke, der für Trump und seine Entourage ungefähr so bedrohlich klingt wie ein Mickey-Mouse-Kostüm bei einer NRA-Versammlung.

Natürlich bleibt im Statement alles vage. Welche Worte genau beanstandet wurden? Keine Ahnung. Aber „unsensibel“ ist das neue Allzweckargument – das Schweizer Taschenmesser der Zensur.

Die FCC als Trumps Pressesprecher im Nadelstreifen

Besonders aktiv: Brendan Carr, der von Trump eingesetzte Chef der Medienaufsicht FCC. Statt Medienvielfalt zu schützen, agiert er wie ein Türsteher im Trump Tower: „Du kommst hier nicht rein.“ Seine Empörung über Kimmel klingt wie eine Parodie auf Meinungsfreiheit: Kritik am Präsidenten? Verboten. Schmeicheleien? Durchgewunken.

Dass die Nexstar Media Group Kimmels Show dann gleich auf 32 Partnersendern strich, zeigt, wie schnell Einschüchterung wirkt. Der freie Markt der Meinungen wird gerade zum Basar, auf dem nur eine Ware verkauft wird: Trump-freundliche Propaganda.

Von Colbert bis Kimmel: Die große Säuberung der Late Night

Wer jetzt denkt, Kimmel sei ein Einzelfall, irrt. Bereits im Juli flog Stephen Colbert aus dem Programm. Offizielle Begründung: „rein finanzielle Entscheidungen“. Inoffiziell wusste jeder: Trump konnte die Gags nicht mehr ertragen. Colbert war der erste Dominostein, Kimmel der zweite – und Trump schaut schon mit gierigen Augen auf Fallon, Meyers und Oliver.

Trumps Botschaft auf Truth Social war eindeutig: „Tu es, NBC!!!“ – gerichtet an den Sender, der Fallon und Meyers noch beschäftigt. Das klingt weniger wie ein Präsident und mehr wie ein Mafia-Pate, der seinen Leuten Befehle gibt.

Meinungsfreiheit oder Casting-Show?

Trump inszeniert die US-Medienlandschaft wie eine Reality-TV-Show. Er verteilt rote Karten, setzt Shows ab, jubelt über abgesagte Kritiker. Für ihn ist das kein Angriff auf die Demokratie, sondern ein Casting. Wer seine Rolle als Hofberichterstatter erfüllt, bleibt im Ensemble. Wer nicht? „You’re fired!“ – das einzige Zitat, das er seit The Apprentice wirklich beherrscht.

Die Satiriker als letzte Opposition

Kimmel, Colbert, Meyers, Fallon, Oliver – sie alle erfüllten eine Aufgabe, die nüchterne Nachrichtensendungen längst aufgegeben haben: Sie nannten Dinge beim Namen. Sie sprachen nicht von „Unwahrheiten“, sondern von „Lügen“. Nicht von „skurrilen Auftritten“, sondern von „Peinlichkeiten“. Sie übersetzten den Washingtoner Politjargon in Alltagssprache – und machten klar, warum ein Präsident, der Kritiker wie Feinde behandelt, gefährlicher ist als jeder „unsensible“ Witz.

Jetzt droht diese Stimme zu verstummen. Und mit ihr die letzte Bastion einer Öffentlichkeit, die sich nicht vom Weißen Haus diktieren lässt, wie man über Politik zu sprechen hat.

Trump, der Kämpfer gegen Cancel Culture – und ihr größter Betreiber

Die bittere Ironie: Trump hat sich jahrelang über „Cancel Culture“ der Linken beschwert. Doch während er bei jeder abgesagten Uni-Vorlesung das Ende der Zivilisation ausrief, cancelt er nun reihenweise Kritiker. Der selbsternannte Verteidiger der Redefreiheit mutiert zum größten Zensor der Nation.

Das ist, als würde ein Metzger behaupten, Vegetarier zu sein – während er gerade die nächste Kuh filetiert.

Lachen verboten, Applaus erwünscht

Jimmy Kimmel ist mehr als ein Talkmaster, er ist ein Symbol dafür, dass Satire in Demokratien dazugehört wie der Stau auf der Interstate. Dass er nun zum Schweigen gebracht wird, zeigt, wohin die Reise geht: Weniger Vielfalt, mehr Einheitsbrei, und eine „Meinungsfreiheit“, die eigentlich nur ein anderes Wort für „Trump darf alles sagen“ ist.

Kurz gesagt: Die Trump-Regierung hat die Meinungsfreiheit nicht abgeschafft – sie hat sie privatisiert. Und wer nicht ins Abo-Modell passt, wird eben abbestellt.