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Multipolare Märchenstunde in Tianjin
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Wie Xi, Putin & Co. die Weltordnung neu erfinden – mit Buffet, Bromance und Bombast
Vorspiel: Die Bühne ist bereitet
Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) klingt wie ein harmloser VHS-Kurs: „China für Anfänger – jetzt mit Partnerland Russland“. In Wahrheit ist es aber das politische Schattentheater für alle, die bei NATO und EU keine Einladung mehr bekommen. Man trifft sich also in Tianjin, einer Hafenstadt, die immerhin den Vorteil hat, dass man im Zweifel schnell per Schiff fliehen kann, wenn einer der „alten Freunde“ zu viel über Frieden philosophiert.
Xi Jinping eröffnete die Gala mit den Worten: „Die Welt erlebt Veränderungen wie seit hundert Jahren nicht mehr.“ Übersetzung: „Wir wollen den Globus auf links drehen, diesmal aber mit uns am Hebel.“
Putin: Der ewige Plus-Eins auf der Weltbühne
Wladimir Putin erschien wie gewohnt mit der Eleganz eines Mannes, der weiß, dass er im Westen nur noch als Fahndungsfoto durchgeht. In Tianjin aber wurde er hofiert – endlich wieder ein Platz am Bankett-Tisch statt im internationalen Strafgerichtssaal. Xi nannte ihn mehrfach „alten Freund“, was in Putins Fall klingt wie: „Er geht nicht weg, egal wie viele Sanktionen man ihm serviert.“
Auf dem Familienfoto durfte Putin direkt neben Xi stehen. Symbolisch, fast romantisch. Wäre die Szene ein Netflix-Drama, hieße es „House of Autocrats“.
Modi: Yoga zwischen zwei Fronten
Indiens Premier Modi trat auf wie der bemühte Gastredner beim falschen Kongress. Eben noch in Japan bei einem Business-Lunch, jetzt zwischen Xi und Putin im geopolitischen Kasperletheater. Xi schmeichelte ihm: „Wir sind Partner, keine Rivalen.“ Modi lächelte und dachte vermutlich: „Gut, dass ihr nicht seht, wie meine Berater im Hintergrund ohnmächtig werden.“
Denn während Indien einerseits US-Partner ist, zahlt es andererseits mit Freude für russisches Öl. So balanciert Modi wie ein Schlangenbeschwörer beim Yoga – nur dass die Schlange diesmal Atomwaffen hat.
Belarus & Iran: Die tragikomische Statisterie
Dann die Nebenfiguren, die eigentlich alles über die SOZ erzählen: Belarus und Iran. Lukaschenko, der ewige Hofnarr Putins, grinste ins Blitzlicht wie ein Schüler, der stolz ist, beim Abi neben dem Streber sitzen zu dürfen. Und Irans Präsident – frisch eingeladen in den Klub – war so begeistert, dass er seine Menschenrechtsbilanz vermutlich gleich als Gastgeschenk überreichte.
Man könnte fast glauben, die SOZ sei ein Autokraten-Disneyland: Jeder bringt seine eigene Achterbahn mit, aber die Sicherheitsbügel fehlen.
Das Bankett: Bromance im Buffetlicht
Natürlich gab es auch ein Galadinner. Champagner, Pekingente, dazu viel Pathos. Xi und Putin stoßen an wie zwei Freunde, die vergessen haben, dass einer von ihnen gerade einen Krieg führt. „Alte Freunde“, schwärmte Xi. „Alte Rechnungen“, dachte vermutlich Putin.
Die Botschaft war klar: Während der Westen über Sanktionen diskutiert, isst man in Tianjin dumplings der Völkerfreundschaft. Ein Abendessen als diplomatische Ersatzreligion – nur mit weniger Spiritualität und mehr Kalorien.
Die Multipolare Weltordnung: Ikea-Regal ohne Anleitung
Offiziell will die SOZ eine „neue Weltordnung“ schaffen. Inoffiziell ist es, als hätte jemand bei Ikea einen Schrank gekauft, aber die Anleitung fehlt – und jeder Mitgliedsstaat zieht in eine andere Richtung:
- China: will Weltmacht sein, aber ohne das nervige Menschenrechtsetikett.
- Russland: will Weltmacht spielen, hat aber ökonomisch nur noch Monopoly-Geld.
- Indien: will Weltmacht, aber bitte ohne sich mit irgendwem ernsthaft anzulegen.
- Iran: will Weltmacht, solange es keinen Stromausfall gibt.
- Belarus: will einfach nur dabei sein.
Das Ganze wirkt weniger wie ein ernsthafter Block, sondern mehr wie ein politischer Flashmob mit schlechtem Timing.
Europa: Augenrollen als Außenpolitik
Währenddessen schaut Europa zu – zwischen besorgtem Stirnrunzeln und genervtem Augenrollen. Macron nennt Putin inzwischen „Raubtier“. Merz übt Französisch am Buffet von Macron, während Scholz so blass bleibt, dass man ihn auf keinem Foto findet.
Europa sieht die „neue Weltordnung“ und denkt: „Wir haben schon genug mit unserer alten zu tun.“
Tianjin als Zirkusmanege
Unterm Strich war das Treffen der SOZ weniger ein diplomatischer Gipfel als ein internationales Varieté der Eitelkeiten:
- Putin, der isolierte Tänzer, der sich an Xi klammert.
- Xi, der große Dirigent, der glaubt, die ganze Kapelle spielen zu lassen – während jeder Musiker seine eigene Melodie pfeift.
- Modi, der Akrobat auf dem Drahtseil zwischen Washington und Moskau.
- Lukaschenko, der Clown im Hintergrund.
- Und Iran, das wandelnde Feuerwerk, das jederzeit explodieren könnte.
Die „neue Weltordnung“ bleibt also erstmal ein Projekt für PowerPoint-Präsentationen. In der Praxis wirkt sie wie ein Schulfest, bei dem alle Kinder gleichzeitig auf die Hüpfburg wollen – und am Ende liegt die Hüpfburg platt auf dem Boden.