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Pressefreiheit im Trump-Stil: Maulkorb deluxe und Zensur light
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Die Vereinigten Staaten sind stolz darauf, die „Wiege der Pressefreiheit“ zu sein. Doch seit Donald Trump im Oval Office hockt, wirkt diese Freiheit wie eine Deko-Schale im Weißen Haus: hübsch ausgestellt, aber leer. Ex-Präsident Barack Obama, sonst eher für Staatsmann-Floskeln zuständig, schlägt nun Alarm – und zwar nicht leise wie ein Rauchmelder mit leerer Batterie, sondern deutlich wie ein Megafon im Wahlkampf.
Obama, der höfliche Alarmist
Auf X schrieb Obama, die Trump-Regierung habe „ein neues und gefährliches Niveau“ erreicht. Übersetzt: Trump behandelt Medienunternehmen wie lästige Mücken – nur dass er statt Fliegenklatsche Regulierungsdrohungen benutzt. Wer Reporter nicht brav zum Schweigen bringt, darf sich auf staatlichen Ärger gefasst machen. Obama spricht von „staatlichem Zwang“ – das klingt harmlos, ist aber politisch ein Vorschlaghammer.
Dass er Trump nicht namentlich erwähnte, ist fast schon britisch höflich. Jeder weiß, wer gemeint ist. Aber Obama bleibt der nette Onkel mit Harvard-Diktion, während Trump längst den Vorschlaghammer über der Glaskuppel der Demokratie schwingt.
Der Fall Karen Attiah: Kritik unerwünscht
Bestes Beispiel: Karen Attiah, Kolumnistin der Washington Post. Sie schrieb, nach dem Mord an dem ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk sei das „weiße Amerika“ beim Thema Waffengewalt erschreckend untätig. Ihre Belohnung: fristlose Kündigung.
Begründung: „grobes Fehlverhalten“ und „Gefahr für die Sicherheit von Kollegen“. In Klartext: Dein Text macht uns Ärger, also tschüss. Die Satire daran: Ausgerechnet eine Zeitung, die Watergate überlebt hat, knickt jetzt vor einem Präsidenten ein, der jeden kritischen Kommentar als persönlichen Kriegsausbruch sieht.
Trump, der Serien-Abbesteller
Trump betreibt Medienpolitik wie ein gelangweilter Netflix-Kunde: Alles, was ihm nicht gefällt, wird gnadenlos abbestellt. Die New York Times? Verklagt – und zwar gleich auf 15 Milliarden Dollar, weil sie nicht zum Fanclub gehört. Jimmy Kimmel? Abgesetzt – „großartig“. Colbert? Schon weg. Fallon und Meyers? Laut Trump „totale Versager“, die NBC gefälligst auch rausschmeißen solle.
Der Präsident wirkt wie ein hyperaktiver Programmdirektor, der glaubt, die Demokratie sei ein TV-Sender mit nur einem Zuschauer: ihm selbst.
Cancel Culture? Aber nur von rechts!
Noch vor wenigen Jahren wetterte das Trump-Lager ununterbrochen gegen die „Cancel Culture“: böse Linke, böse Unis, böse Twitter-Meute. Doch nun betreibt Trump selbst das größte Cancel-Festival seit Erfindung der Fernbedienung. Wer ihn kritisiert, wird gecancelt. Wer ihn lobt, bekommt Sendezeit und vielleicht ein Steak im Trump-Hotel.
Das ist ungefähr so glaubwürdig wie ein Diätcoach, der gleichzeitig Burger-King-Werbeträger ist.
Meinungsfreiheit als Abo-Modell
Trumps Verständnis von Meinungsfreiheit ist einfach: Wer „MAGA“ ruft, bekommt das Premium-Paket mit unbegrenztem Sprechrecht. Wer Kritik übt, landet in der Sparversion: Maulkorb inklusive, Kündigung wahrscheinlich. Pressefreiheit, ja – aber nur als Einbahnstraße in Richtung Oval Office.
Obama mahnt, Medien müssten sich wehren. Doch viele Redaktionen scheinen inzwischen das Motto übernommen zu haben: „Lieber einen Job ohne Freiheit als gar keinen Job.“ Das ist praktisch, aber brandgefährlich – eine Demokratie mit stillgelegter Presse ist wie ein Auto ohne Bremsen: sieht schick aus, fährt nur leider direkt in die Wand.
Demokratie als Reality-Show
Trump verkauft sich als Verteidiger der Freiheit, während er gleichzeitig deren Fundament abträgt. Er beschwert sich über „Cancel Culture“ und erfindet dabei seine eigene Regierungsedition: Cancel Culture 2.0, powered by White House.
Obama warnt vor der Gefahr – und Trump wird darauf vermutlich mit einem Truth-Social-Post antworten: „Langweiligster Ex-Präsident aller Zeiten! TOTAL VERSAGER!“ Doch das ändert nichts an der Wahrheit: Eine Demokratie, in der Medien nur noch das wiederholen dürfen, was der Präsident hören will, ist keine Demokratie mehr. Es ist bestenfalls eine Reality-Show mit einem einzigen Produzenten – und einem Moderator, der „You’re fired!“ ruft, wenn ihm der Witz nicht passt.
Kurz gesagt: Die Pressefreiheit in den USA ist noch da – aber sie trägt mittlerweile so viele Maulkörbe, dass sie eher nach Hundeschau als nach Demokratie aussieht.