Satiressum – Satire. Scharf. Subversiv.
Veröffentlicht am
Politik

Der Spot, der den Zoll erfand – Wie ein Werbefilm Nordamerika in diplomatische Hitzewallung versetzte

Autor
Der Spot, der den Zoll erfand – Wie ein Werbefilm Nordamerika in diplomatische Hitzewallung versetzte

Es war ein ganz normaler Abend in Nordamerika. Millionen Menschen saßen mit Chips, Bier und patriotischem Stolz vor dem Fernseher, um der World Series zu huldigen – jenem Spektakel, bei dem Baseballspieler zu Nationalhelden werden und Werbespots zu kulturellen Ereignissen. Doch an diesem Abend sollte ein unschuldiger Spot alles verändern.

Ein Werbespot! Kaum 30 Sekunden lang – mit emotionaler Musik, stolzen Arbeitern, glücklichen Familien und einer Stimme aus dem Jenseits: Ronald Reagan persönlich sprach über die Nachteile von Zöllen. Eine harmlose Nostalgie-Einlage, dachten die Kanadier. Eine feindliche Attacke auf die Souveränität der Vereinigten Staaten, dachte Donald Trump.

Was folgte, war die diplomatische Version eines pubertären Eifersuchtsdramas. Kaum war der Spot über die Bildschirme geflimmert, griff der US-Präsident zu seinem mächtigsten Instrument – nein, nicht dem Atomkoffer, sondern seinem Handy. Auf Truth Social donnerte er: „Kanada hat uns beleidigt. Eine feindselige Handlung! Fake Reagan! FAKE!“

Zur Strafe kündigte er an, die Zölle auf kanadische Importe um zehn Prozent zu erhöhen – also, weil ein Werbespot zu spät abgeschaltet wurde. Es war, als würde man seinem Nachbarn den Strom abstellen, weil dessen Gartenzwerg komisch guckt.

Der Spot, so Trumps Diagnose, sei eine „gravierende Falschdarstellung“ und Teil einer kanadischen Verschwörung, amerikanische Richter zu beeinflussen – vermutlich durch subliminale Ahornsirup-Botschaften. Und da der Supreme Court sich gerade mit Trumps Zollpolitik beschäftigt, liegt der Verdacht nahe: Vielleicht tragen die Richter inzwischen rot-weiße Pullover und sagen heimlich „eh?“

In Ontario, wo man politisch traditionell lieber freundlich nickt als laut schreit, reagierte Premier Doug Ford mit typisch kanadischer Diplomatie: „Wir setzen den Spot ab Montag aus.“ Montag! Ein Satz, der in Washington klang wie: „Wir laden zum Staatsbegräbnis Ihrer Geduld ein.“

Trump las das und schäumte. Montag sei „zu spät“, schließlich habe die nationale Sicherheit kein Wochenende. Man stelle sich vor, Pearl Harbor wäre an einem Freitag passiert – da hätte man in Ottawa sicher gesagt: „Wir reagieren am Montag, versprochen.“

Die „Ronald Reagan Presidential Foundation“ meldete sich auch zu Wort, offenbar irritiert, dass ihr Idol nun als Schutzpatron des Freihandels in kanadischen Werbeclips herumgeistert. Man prüfe rechtliche Schritte. Verständlich: Wer möchte schon, dass ein konservativer Heiliger posthum in einer Debatte auftaucht, die ökonomisch nach liberaler Häresie riecht?

Das ganze Drama wäre eigentlich eine perfekte Netflix-Serie: „Trade Wars: Der Spot schlägt zurück“. Staffel 1: Trump gegen Trudeau. Staffel 2: Trump gegen Ontario. Staffel 3: Trump gegen Ronald Reagan. Finale: Trump gegen die Realität.

Die Ironie des Ganzen: Der Spot wollte eigentlich zeigen, wie dumm Zölle sind – und bekam prompt den Beweis dafür geliefert. Ein Meisterstück der politischen Selbstverwirklichung! Der Clip war kaum verklungen, da hatte Trump schon neue Zölle verhängt und damit demonstriert: Ja, Zölle sind wirklich ein Bumerang, nur mit amerikanischer Flagge drauf.

Wirtschaftsexperten weltweit kratzen sich derweil am Kopf. Kanadische Holzexporteure sind verwirrt, US-Autohändler nervös, und irgendwo im Weißen Haus fragt ein Mitarbeiter: „Sir, was genau hat Reagan gesagt?“ – worauf Trump vermutlich antwortet: „Er hat mich unterstützt. Das hat er immer getan. Vielleicht. Bestimmt.“

Die diplomatische Krise um einen Werbespot zeigt, wie weit wir gekommen sind: Früher lösten Staatschefs Kriege wegen Territorien oder Öl aus – heute wegen Werbepausen zwischen Bier und Baseball. Wenn das so weitergeht, erklärt Trump bald Netflix den Handelskrieg, weil ihm eine Serie zu liberal vorkommt.

Man darf gespannt sein, welches Land als Nächstes ins Visier gerät. Vielleicht Australien – wegen eines Känguru-Werbespots, der zu fröhlich hüpft. Oder Deutschland, weil jemand in einem VW-Werbefilm „freie Fahrt für Freihandel“ sagt.

Bis dahin bleibt nur zu hoffen, dass die Werbewelt reagiert. Vielleicht mit einem neuen Slogan: „Kanada – wir machen keine Politik. Nur Werbung.“

Oder einem diplomatischeren: „Zölle? Nein danke, wir haben genug mit Hockey zu tun.“

Doch wer weiß – vielleicht wird auch das wieder als feindlicher Akt gedeutet.