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„Make Justice Great Again“ – Trumps Justizministerium auf Rachetour
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Wenn aus Recht Politik wird und der Gerichtssaal zum Wahlkampfbühnen-Dekor
Washington D.C. – Es ist ein historischer Tag, sagen die einen. Ein hysterischer, sagen die anderen. Der ehemalige FBI-Direktor James Comey, der einst wagte, Donald Trump die Stirn zu bieten, steht vor Gericht – angeklagt von einer Justizministerin, die offenbar der Meinung ist, Neutralität sei ein linkes Konzept. Pam Bondi, Trumps persönliche politische Ramme in Pumps, verteidigt das Verfahren als „Meilenstein für Gerechtigkeit“. Wobei sich in Washington niemand so ganz sicher ist, ob sie mit Gerechtigkeit die Verfassung oder Trumps Instagram-Account meint.
Wenn Loyalität die neue Qualifikation ist
Comey, der Mann mit der legendären Pokerface-Mimik, wirkt beim Betreten des Gerichts wie jemand, der genau weiß, dass hier nicht über Paragrafen, sondern über Stolz verhandelt wird. Sein Vergehen? Er hatte es gewagt, einen Präsidenten zu kritisieren, der glaubt, das Justizministerium sei Teil seines Privatvermögens.
Bondi, frisch aus dem Fox-News-Kosmos direkt in die heiligen Hallen der Justiz importiert, versichert dem Senat:
„Wir beenden hier den politischen Missbrauch des Ministeriums – der unter Biden herrschte.“ Was ungefähr so glaubwürdig klingt, als würde ein Pyromane erklären, er habe das Feuer nur gelegt, um den Rauchmelder zu testen.
Auf Nachfrage, ob Trumps öffentliche Aufrufe zur Strafverfolgung seiner Gegner nicht problematisch seien, lächelt Bondi breit und sagt:
„Der Präsident ist der transparenteste der Geschichte.“ Was stimmt – selten war Machtmissbrauch so glasklar dokumentiert.
Trumps Feindesliste – ganz ohne Liste
Donald Trump, Amerikas erster Präsident, der gleichzeitig Staatschef und Twitter-Ankläger ist, hat in den letzten Monaten die Justiz zu seinem persönlichen Hobby umgestaltet. Seine Timeline liest sich inzwischen wie eine Haftbefehlsliste mit Schlagworten. Comey, Schiff, Letitia James – die Namen wiederholen sich wie Refrains in einem schlechten Pop-Song.
Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er diesmal keine halben Sachen machen will.
„Es gibt keine Liste, aber sie wissen, wer sie sind,“ schreibt Trump in die Welt hinaus – ein Satz, der irgendwo zwischen Drohung und Theaterreife oszilliert.
Das klingt nicht nach Demokratie, sondern nach einem Casting für „Der Pate 5 – Dieses Mal im Westflügel“.
Vom FBI zum Feindbild
Comey war einst Trumps Mann beim FBI – bis er es wagte, unabhängig zu handeln. Ein Fehler, den in Trumps Welt nur zwei Gruppen machen: Gegner und Ex-Mitarbeiter.
Seit er Trump 2017 nicht den gewünschten Treueeid leistete („Ich hätte nur kurz ‚Yes, Boss‘ sagen müssen, und meine Karriere wäre sicher gewesen“), ist Comey zur persona non grata in MAGA-Kreisen geworden.
Nun steht er vor Gericht, angeklagt in einem Verfahren, das selbst der ehemalige Generalstaatsanwalt Donald Ayer als
„die juristische Version eines Baseballschlägers“ bezeichnet.
Dass der ursprüngliche Staatsanwalt Erik Siebert die Anklage ablehnte, weil sie „rechtlich nicht haltbar“ war, führte dazu, dass er unter mysteriösen Umständen „umorientiert“ wurde – also das amerikanische Synonym für „gegangen wurde“.
Seine Nachfolgerin: Lindsey Halligan, bisher bekannt als Trumps Anwältin im Immobilienstreit und als Frau, die noch nie ein Strafverfahren geleitet hat. Doch laut Bondi ist sie „hochqualifiziert“. Schließlich habe sie, Zitat, „einen scharfen Instinkt für Gerechtigkeit und Loyalität“. In dieser Reihenfolge – oder auch nicht.
Die Justiz als Reality-Show
Bondi nutzt die Anhörung vor dem Senat, um das Justizministerium neu zu definieren: weniger Gericht, mehr Gladiatorenarena. Der Demokrat Adam Schiff fragt:
„Wird das Ministerium angewiesen, politische Gegner zu verfolgen?“ Bondi kontert: „Herr Schiff, wann haben Sie sich eigentlich bei Präsident Trump entschuldigt?“
Damit ist das Niveau gesetzt – irgendwo zwischen Kindergarten und Kabarett. CNN nennt die Sitzung „bemerkenswert“. MSNBC spricht von „Staatsversagen in Echtzeit“. Fox News jubelt: „Endlich mal jemand, der aufräumt!“ – und blendet dabei versehentlich ein Bild von einem Besen ein.
Ein Justizsystem mit Hausfarben
Inzwischen ist klar: Das Justizministerium trägt jetzt Rot. Nicht das Rot der Roben, sondern das der MAGA-Kappen. Seit Trump die Chefetage neu besetzt hat, wirkt die Behörde wie ein schlecht geführtes Familienunternehmen. Objektivität? Unpraktisch. Kompetenz? Sekundär. Loyalität? Pflichtfach.
„Sie haben das Justizministerium zur politischen Schrotflinte gemacht“, sagt ein empörter Demokrat. Doch Bondi winkt ab:
„Wir sind die Gerechtigkeit!“ Das sagt sie mit derselben Überzeugung, mit der ein Werbespot verspricht, Cola sei gesund.
Comey, der letzte Idealist?
Comey selbst wirkt gefasst. Er sagt, er habe „keine Angst“. Ein Satz, der bemerkenswert ist in einem Land, in dem Journalisten, Richter und Beamte regelmäßig Drohungen erhalten, wenn sie es wagen, den Präsidenten zu kritisieren. „Ich bin unschuldig“, sagt er. Und fügt hinzu:
„Aber ich habe verstanden, dass Unschuld in diesem System kein Schutz ist.“
Das ist kein Pathos, das ist ein Nachruf auf den Rechtsstaat – noch bevor der letzte Akt gespielt ist.
Trumps Amerika: Gerichtssaal oder Wahlkampfbühne?
Die USA erleben gerade eine seltsame Form von Demokratie: Der Präsident entscheidet, wer schuldig ist, bevor das Gericht es tut. Die Ministerin führt das Verfahren, als wäre sie Moderatorin einer Gameshow. Und die halbe Nation applaudiert, solange der „richtige“ Angeklagte im Scheinwerferlicht steht.
Was früher Gewaltenteilung war, ist heute ein Casting-System. Wer loyal ist, darf bleiben. Wer kritisch ist, darf klagen – oder gleich in die Anklagebank.
Die Gerechtigkeit trägt jetzt Glitzer
Was einst „Land of the Free“ war, klingt inzwischen wie ein Werbeslogan für autoritäre Start-ups: „Now with 30% less democracy!“ Die Justiz ist nicht mehr Hüterin des Rechts, sondern Bühnenfigur in Trumps großer Show. Und Pam Bondi spielt ihre Rolle perfekt – mit Dauerlächeln, gepflegtem Haarspray und moralischer Flexibilität, die jeden Zirkus neidisch machen würde.
Trump hat es geschafft, das Justizministerium zu „entpolitisieren“, indem er es vollständig politisiert hat. Oder wie ein US-Kommentator es formulierte:
„Das ist keine Gerechtigkeit. Das ist ‚The Apprentice: Supreme Court Edition‘.“
Comey mag heute vor Gericht stehen – aber eigentlich steht dort das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit selbst. Und Trump? Der sitzt in Florida, postet auf Truth Social und schreibt:
„Großer Tag für die Gerechtigkeit. Noch größerer Tag für mich.“
Amerika hat wieder ein starkes Zeichen gesetzt. Nur weiß keiner mehr, ob es ein Ruf nach Recht oder nach Einschaltquoten war.