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Shutdown für Fortgeschrittene – Wenn das mächtigste Land der Welt den Stecker zieht
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- tmueller
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Es ist offiziell: Die Vereinigten Staaten von Amerika haben den längsten Regierungsstillstand ihrer Geschichte erreicht. 36 Tage, in denen kein Haushaltsgesetz verabschiedet, keine Beamten bezahlt und keine Behörde geöffnet wurde. Ein Land mit Raketen auf dem Mond, aber leerem Kühlschrank im Finanzministerium. Der sogenannte „Shutdown“ ist längst kein Notfall mehr – er ist ein Lebensstil geworden. Amerika hat sich quasi selbst ausgesperrt, und der Präsident steht draußen und klopft mit der Stirn gegen die Tür.
Während Flughäfen unter Personalmangel ächzen, Nationalparks zu Müllhalden werden und die Steuerbehörde ihre Telefone nicht mehr besetzt, schwelgt die politische Elite in Washington im ganz eigenen Drama: dem Dauerbühnenstück „Filibuster – oder wie ich lernte, das Parlament zu lieben und den Staat lahmzulegen“.
Der Präsident als Regisseur des Stillstands
US-Präsident Donald Trump – stets in seiner Paraderolle als Hauptdarsteller im Theater der nationalen Selbstblockade – gab sich jüngst unversöhnlich. Bei einem Treffen mit republikanischen Senatoren verglich er die Demokraten mit Kamikaze-Piloten. Ein durchaus kreativer Vergleich, wenn man bedenkt, dass Kamikaze-Piloten immerhin noch ein Ziel hatten. Trump hingegen scheint mittlerweile einfach nur noch zu kreisen – irgendwo zwischen Ego-Orbit und Realitätsverlust.
Er verkündete: „Die Demokraten werden das Land zerstören!“ – eine Ansage, die man nur als „klassischen Trump“ bezeichnen kann: laut, dramatisch und frei von jeder Selbstreflexion. Dass sein eigener Regierungsstillstand das Land gerade tatsächlich schädigt – geschenkt. Hauptsache, die Show läuft.
Der Filibuster – Amerikas liebste Notbremse
Doch Trumps Zorn hat ein konkretes Ziel: den Filibuster. Das ist jene traditionsreiche Senatsregel, nach der 41 von 100 Senatoren eine Abstimmung blockieren können. Die Idee dahinter ist eigentlich urdemokratisch – Minderheiten sollen gehört werden. In der Praxis bedeutet das allerdings, dass ein kleiner Haufen Politiker den Rest des Landes auf Pause stellen kann, solange er genug Kaffee und Geduld hat.
In Hollywood würde man sagen: „Ein großartiges Drehbuch für einen Politthriller – leider basiert es auf wahren Begebenheiten.“ Der Filibuster ist quasi die Notbremse der Demokratie – allerdings eine, die man in den USA gerne auch bei voller Fahrt zieht, vorzugsweise auf der Autobahn der Staatsfinanzen.
Trump sieht das naturgemäß anders. In seiner Welt ist der Filibuster nichts weiter als eine lästige Fußnote auf dem Weg zur grenzenlosen Präsidialmacht. Deshalb fordert er nun seine Republikaner auf, die Regel abzuschaffen. Schließlich könne seine Partei sonst in den kommenden drei Jahren seiner – Zitat – „zweiten Amtszeit“ keine Gesetze verabschieden.
Kleine Randnotiz: Zum Zeitpunkt seiner Rede war er noch mitten in seiner ersten Amtszeit. Aber Details sind bekanntlich nicht Trumps Stärke – dafür hat er ja Twitter (bzw. X), um sie nachträglich zu korrigieren.
Demokratie auf Diät
Die Republikaner selbst zeigen sich derweil gespalten. Einige von ihnen sind von der Idee, jahrhundertealte Parlamentsregeln einfach wegzuwischen, nicht restlos begeistert. Schließlich könnte in ein paar Jahren auch die andere Partei an der Macht sein – und dann wäre der Filibuster plötzlich wieder ganz praktisch. So wie ein Regenschirm, den man erst zu schätzen weiß, wenn’s richtig schüttet.
Doch das Konzept „Weitsicht“ ist in Washington derzeit etwa so populär wie vegane Steaks bei einem Texas-Barbecue. Jeder kämpft für sich, gegen sich und notfalls gegen das eigene Land.
Inzwischen wächst der Frust in der Bevölkerung. Hunderttausende Staatsangestellte wissen nicht, wie sie ihre Miete zahlen sollen, während der Präsident überlegt, ob er den Shutdown nicht in „America First Pause“ umbenennen sollte – klingt schließlich patriotischer.
Ein Land auf Pause – mit Applaus aus dem Oval Office
So zieht sich der längste Shutdown der US-Geschichte weiter. Die Nation steht still, doch in der Hauptstadt läuft das politische Theater auf Hochtouren. Demokraten und Republikaner liefern sich eine Schlammschlacht, bei der man den Eindruck gewinnt: Beide Seiten kämpfen nicht mehr um Lösungen, sondern um Likes.
Währenddessen sitzt der Präsident im Weißen Haus, vermutlich mit einem roten „Make Filibuster Great Again“-Cap, und überlegt, ob man den Kongress nicht einfach outsourcen könnte. Vielleicht nach Mar-a-Lago – da ist wenigstens gutes WLAN.
Wenn Ego vor Haushalt kommt
Was bleibt, ist ein Amerika im Wartestand: Eine Regierung, die sich selbst blockiert, ein Präsident, der seine Macht ausdehnen will, und eine Opposition, die lieber mit dem Kopf durch die Wand rennt, als auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Es ist ein politisches Armutszeugnis, das selbst Hollywood nicht besser hätte inszenieren können – nur dass dort am Ende wenigstens einer die Verantwortung übernimmt.
In Washington hingegen scheint die Verantwortung aktuell ebenfalls im Shutdown zu sein.