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Bomben, Chats und Blacked-Out-Berichte: Hegseths gefährlicher Griff zur Signal-Gruppe

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Bomben, Chats und Blacked-Out-Berichte: Hegseths gefährlicher Griff zur Signal-Gruppe

Die US-Regierung hat schon viele politische Skandale gesehen. Große, kleine, solche mit moralischen Abgründen, und andere, die klingen wie eine Episode einer sehr schlecht geplanten Sitcom. Doch der Fall um US-Verteidigungsminister Pete Hegseth schafft es, gleichzeitig hochgefährlich, unfreiwillig komisch und politisch strapaziös zu sein – eine Art Dreifach-Abo auf Fehlverhalten, Bürokratiepannen und präsidiale Loyalitätsproben.

Denn was war passiert? Im April beschloss Hegseth, dass vertrauliche Militärinformationen zum bevorstehenden Angriff auf Huthi-Rebellen im Jemen offenbar hervorragend geeignet sind für eine kleine, feine Diskussionsrunde in mehreren Signal-Gruppen. Empfänger: unter anderem seine Frau, einige politische Vertraute – und ein Journalist von The Atlantic, der versehentlich in den Chat aufgenommen wurde. Ein klassischer Fall von „Ups, falscher Chat“, aber diesmal nicht bei der Frage, wer die Milch einkauft, sondern bei der Frage, wann und wo amerikanische Bomben fallen.

Dass Hegseth trotz dieser Aktion nicht aus dem Amt gedrängt wurde, wirkt wie ein kleines, aber bedeutendes politisches Naturwunder. Trotz massiven Drucks auf ihn und Präsident Trump blieb er Verteidigungsminister, als sei nichts weiter passiert als ein falsch gesetztes Emoji. Doch während nach außen betont Stoßdämpfer eingebaut wurden, arbeitete im Hintergrund der Generalinspekteur der Verteidigungsbehörde an einem Bericht – und dieser Bericht ist laut CNN alles andere als schmeichelhaft.

Die Erkenntnisse der Untersuchung lassen sich grob zusammenfassen: Hegseth hat sensible militärische Informationen weitergegeben, ohne ausreichende Kontrollmechanismen, und damit das Risiko geschaffen, dass amerikanische Truppen oder Missionen kompromittiert werden könnten. Kurz: Er tat genau das, was ein Verteidigungsminister eigentlich niemals tun sollte, außer vielleicht in einer fiktiven Comedy-Serie über das Pentagon.

Nun gibt es jedoch einen entscheidenden juristischen Twist – einen, der beinahe satirisch wirkt: Als Verteidigungsminister darf Hegseth theoretisch Informationen freigeben. Rein formal kann er also entscheiden, ob etwas geheim bleibt oder nicht. Die Frage ist nur, ob es zwingend notwendig war, operative Einsatzdetails in einem Chat zu teilen, der ungefähr so gut geschützt war wie ein Gartenzaun aus Pappe. Besonders pikant: Hegseth behauptete später, dies sei eine „operative Entscheidung“ gewesen, also praktisch ein offizieller Akt in einer Krisensituation. Das Pentagon seinen Worten zufolge wollte die Information bewusst verbreiten.

Das Problem: Es gibt keinerlei Dokumentation darüber. Keine Notizen. Keine Memos. Keine internen Vermerke. Nicht einmal eine Serviette mit krakeliger Unterschrift, die man als halbwegs offiziellen Beleg verwenden könnte. Und das ist in Washington die härteste Währung, die es gibt: Der Satz „Es steht nirgends“ bedeutet politisch, dass etwas nicht passiert ist.

CNN berichtet weiter, dass die Nachrichten aus dem Chat erstaunlich konkret waren. Nicht vage Hinweise, nicht diplomatische Vorbereitungen, sondern unmittelbare, operative Updates. In einer Nachricht soll sogar gestanden haben: „Dann werden die ersten Bomben fallen.“ Eine Formulierung, die klingt wie aus einem Einsatzbefehl – oder aus dem Drehbuch eines mittelmäßigen Actionfilms mit explodierenden Hubschraubern und einem Cowboy-Minister, der zu viel Kaffee hatte.

Für die US-Regierung ist der Fall auf mehreren Ebenen heikel. Erstens zeigt er, wie extrem locker Hegseth mit militärischer Geheimhaltung umging. Zweitens folgt der Skandal ausgerechnet in einer Phase, in der die Trump-Regierung sichtbar bemüht war, Stabilität und Stärke zu demonstrieren. Und drittens könnte ein Minister, der hochsensible Daten in Signal-Gruppen teilt, Zweifel daran wecken, ob das US-Militär gerade wirklich von einer geordneten Führung begleitet wird – oder ob man es mehr mit einer improvisierten Technologie-Spielwiese aus Gruppen-Chats, „Operativen Entscheidungen“ und familiären Kurznachrichten zu tun hat.

Der Abschlussbericht, der am Donnerstag in geschwärzter Form veröffentlicht werden soll, dürfte weitere Fragen aufwerfen. Und wie immer in Washington hängt dann alles davon ab, wie viel geschwärzt wird: Wenn das Dokument am Ende mehr schwarze Balken als Text enthält, könnte man zwar argumentieren, dass das Ministerium Transparenz gezeigt hat, aber nur in Form einer sehr dunklen Sonnenbrille.

Unterdessen scheint Hegseth unschuldig zu wirken wie jemand, der behauptet, er habe lediglich das WLAN falsch konfiguriert. Sein Argument: Als Verteidigungsminister darf er Informationen freigeben. Kritiker antworten: Schon, aber vielleicht nicht so – und schon gar nicht in Gruppenchats, in denen versehentlich Journalisten sitzen.

Der Fall zeigt jedenfalls erneut, wie dünn die Linie zwischen politischer Macht und alltäglichem Kommunikationschaos sein kann. Und dass moderne Sicherheitspolitik manchmal weniger von Geheimhaltungsstufen abhängt als von der Frage, ob jemand seine Kontakte richtig sortiert hat.