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Müll-Rhetorik auf höchster Ebene: Wie ein Präsident Worte wie Wurfgeschosse einsetzt

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Müll-Rhetorik auf höchster Ebene: Wie ein Präsident Worte wie Wurfgeschosse einsetzt

Es war einmal ein Land, das nannte sich selbst „Leuchtfeuer der Freiheit“, aber manchmal strahlte es eher wie eine flackernde Straßenlaterne, die dringend eine neue Birne braucht. Genau in diesem Setting fand nun eine Kabinettssitzung statt, die gegen Ende weniger wie ein staatstragender Termin und mehr wie das Live-Finale einer Reality-Show wirkte.

Der amtierende US-Präsident nutzte die Gelegenheit, um erneut in seine persönliche rhetorische Werkzeugkiste zu greifen – jene Kiste, die offenbar nur zwei Werkzeuge enthält: eine verbale Abrissbirne und ein Megafon, das auf der Lautstärke „Werbeflugzeug über Daytona Beach“ eingestellt ist. Diesmal ging es um Somalier, die er kurzerhand als „Müll“ bezeichnete. Ein Begriff, der bislang eher in der Nähe eines überfüllten Abfalleimers nach Silvester vermutet wurde, nicht jedoch im Munde eines Mannes, der über den Einsatz von Marschflugkörpern entscheiden kann.

Während andere Präsidenten einst mit poetischen Formulierungen glänzten – von Lincoln bis Obama –, bevorzugt der aktuelle Amtsinhaber offenbar das stilistische Niveau eines schlecht gelaunten Mieters, der sich beim Hausmeister über die Mülltrennung beschwert: laut, pauschal und frei von jeglicher faktischen Grundlage.

Der Satz „Ich will sie nicht in unserem Land haben“ war dabei nicht etwa eine spontane Entgleisung, sondern klang wie der sorgsam einstudierte Slogan eines Mannes, der sich zunehmend als Hauptdarsteller eines politischen Monologs sieht. Politische Korrektheit? „Mir egal“, erklärte er. Tatsächliche Datenlage? Nebensächlich. Mögliche gesellschaftliche Folgen? Offenbar ein Problem für Leute, die noch an so etwas wie Verantwortung glauben.

Seine jüngsten Aussagen kamen nicht aus dem Nichts – sie reihten sich nahtlos ein in eine lange Tradition verbaler Generalabrechnungen. Mal seien Flüchtlinge „Kriminelle“, mal würden sie das „Blut des Landes vergiften“, und stets dienten sie als universale Erklärung für alles, was in den USA gerade nicht so laufe wie gewünscht. Wenn irgendwo in Minnesota ein Toaster kaputtgeht, könnten Beobachter schon fast darauf wetten, dass ein entsprechender Kommentar aus Washington bald folgen wird: „Wir wissen ja, warum das passiert ist…“

Die amerikanische Presse reagierte überrascht auf die Heftigkeit dieser jüngsten Tirade – was bemerkenswert ist, denn selbst abgebrühte Journalisten, die schon einiges an politischem Feuerwerk erlebt haben, hoben diesmal die Augenbrauen. Wenn Medien, die jahrelang täglich das rhetorische Gegenstück eines Vulkanausbruchs dokumentiert haben, plötzlich sagen: „Das war jetzt aber ungewöhnlich scharf“, dann sollte man sich als Nation vielleicht Gedanken machen.

Ein zentraler Punkt der Empörung: die pauschale Verunglimpfung der somalischen Gemeinschaft in Minnesota. Rund 60.000 Menschen leben dort, die überwältigende Mehrheit legal integriert und unauffällig – also genau jene Menschen, die in politischen Reden normalerweise als „hart arbeitende, gesetzestreue Bürger“ bezeichnet werden. In der Logik des Präsidenten wurde diese gesamte Gruppe jedoch aufgrund eines Betrugsfalls einiger Dutzend Personen kollektiv in den Abfallcontainer der politischen Rhetorik verfrachtet.

Man stelle sich das einmal in anderen Lebensbereichen vor: Wenn im Supermarkt eine Person eine Weintraube nascht, würde man dann gleich die gesamte Obstabteilung räumen und an die Staatsgrenze verfrachten? Wohl kaum. Doch politische Dramatisierung folgt ihren eigenen Regeln – und diese sind in dieser Amtszeit ungefähr so sanft wie ein Presslufthammer im Porzellanladen.

Besonders pikant waren die persönlichen Angriffe auf die Kongressabgeordnete Ilhan Omar, die laut Präsident ebenfalls „Müll“ sei – eine Wortwahl, die selbst die robustesten Kommunikationsberater in Schockstarre versetzen dürfte. Omar reagierte mit einer Mischung aus Humor und Sorge und schrieb, Trumps „Besessenheit“ mit ihr sei unheimlich. Man kann es ihr nicht verdenken: Wenn der mächtigste Mann der Welt sich sprachlich aufführt wie ein besonders reizbarer Kommentator in einer Facebook-Gruppe, dann bleibt einem nur noch Galgenhumor.

Der somalischstämmige Lokalpolitiker Jamal Osman berichtete derweil von realen Ängsten in vielen Familien. Und das überrascht niemanden: Wer möchte schon in einem Land leben, in dem die eigene Herkunft regelmäßig zur abendlichen Schlagzeile wird – nicht wegen kultureller Vielfalt, sondern weil ein Präsident sie als Anlass für politische Brandreden nutzt?

Währenddessen spekulierten Medien über bevorstehende ICE-Razzien gegen Somalier ohne gültige Papiere. Es klingt fast wie die logische Konsequenz einer politischen Strategie, die auf Eskalation statt auf Dialog setzt. Und wieder einmal zeigt sich, wie leicht gesellschaftliche Realitäten ins Wanken geraten, wenn Worte zur Waffe werden.

Alles in allem entsteht ein Bild, das beunruhigend eindeutig ist: Entmenschlichende Sprache ist längst kein Ausrutscher mehr, sondern ein Politikinstrument. Ein Instrument, das nicht nur spaltet, sondern bewusst polarisiert, mobilisiert und radikalisiert. Kurz: ein Werkzeug, das mehr Flammen wirft als ein schlechter Grillabend im Hochsommer.