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Der Anchorage-Gipfel: Zwei Männer, ein Teppich, null Ergebnisse
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Anchorage, Alaska – Wo sich sonst Elche gute Nacht sagen, gaben sich nun zwei der mächtigsten Egozentriker der Gegenwart die Hand – oder besser: das Schauspiel. Was als Friedensgipfel angekündigt wurde, entpuppte sich als geopolitisches Schmusekabinett auf rotem Teppich. Nur einer freute sich wirklich: Wladimir Putin. Der Mann mit dem Charme einer Gasrechnung und dem Moralempfinden einer historischen Landkarte.
Der Ort des Geschehens: ein Luftwaffenstützpunkt, dessen Bedeutung ungefähr zwischen einem Country-Club für Geopolitiker und einem Duty-Free-Shop für Weltherrschaft liegt. Und doch: Hier, unter dem Motto „Pursuing Peace“, traf sich, was sich nie hätte treffen sollen – zumindest nicht ohne diplomatische Quarantäne.
Der rote Teppich der Schande
Der Empfang war warm – Alaska warm. Also eisig. Doch Trump, der als Einziger unter dem Slogan „Streben nach Frieden“ einen Steakhouse-Deal wittert, ließ sich nicht lumpen: roter Teppich, staatstragender Blödsinn, PR-freundliche Schulterklopfer. Putin hingegen wirkte wie ein Mann, der sich insgeheim fragt, warum man eigentlich noch mit Raketen drohen soll, wenn ein bisschen Lob für Trumps Frisur denselben Effekt hat.
Die Pressekonferenz? Eine Mischung aus Theaterprobe und russischer Staatsoper. Fragen? Keine! Ergebnisse? Auch keine! Aber Hauptsache, die Bühne war perfekt ausgeleuchtet – wie Trumps Haaransatz nach einem Sonnenbankbesuch.
Trump erklärt den Krieg für beendet – weil: Nobelpreis
„Wir brauchen keinen Waffenstillstand. Wir gehen direkt zum Frieden!“ So die brillante Logik Trumps, die in etwa dem Vorschlag entspricht, beim Hausbrand die Feuerwehr zu überspringen und direkt mit dem Wiederaufbau zu beginnen – mit brennender Tapete.
Doch warum so eilig? Ganz klar: Der Friedensnobelpreis! Trumps Fixation auf diese Auszeichnung ist legendär. Sollte Alfred Nobel noch leben, er würde wahrscheinlich umgehend die Sprengstoffabteilung reaktivieren – für den Fall, dass dieser Preis irgendwann tatsächlich an Trump geht.
Putins Sieg auf ganzer Linie
Putin hingegen? Spielt Schach mit einem Gegner, der denkt, er sei beim Golf. Während Trump in Anchorage vor laufenden Kameras von „großen Fortschritten“ fabuliert, zieht der Kreml-Chef die Schlinge enger – nicht um Trumps Hals, sondern um die Ukraine. Die Idee: Donbass gegen „Versprechen“. Wer jetzt noch glaubt, dass russische Zusagen etwas wert sind, sollte sich den Vertrag über die Unabhängigkeit der Ukraine aus dem Jahr 1994 anschauen. Spoiler: Er wurde weniger ernst genommen als eine UNO-Resolution in Nordkorea.
Übrigens: Sergej Lawrow erschien in einem CCCP-Pullover – entweder als Satire oder als offizieller Dresscode für die geplante Rückreise in die 80er-Jahre.
Europäische Ratlosigkeit mit Merz-Glanzlack
Während Trump und Putin den Weltfrieden unter sich auswürfeln wie zwei Kneipenkönige beim Dart, steht Friedrich Merz irgendwo zwischen Merkel-Nostalgie und Weltstaatsmanns-Fantasie. Der Kanzler der Herzen – oder wenigstens der CDU-Mitgliedsausweise – hatte versucht, Trump zu beeinflussen. Mit welchem Erfolg? Nun, laut Trump wurde „alles super besprochen“. Laut Putin „haben wir nichts versprochen“. Und laut Merz war es „ein großer Fortschritt, dass überhaupt gesprochen wurde“. Ein bisschen wie der Stolz eines Kindergärtners, dessen Schützling zwar in den Sandkasten gepinkelt hat, aber wenigstens ohne andere Kinder zu beißen.
Selenskyj – der Dritte im Bunde
Der ukrainische Präsident durfte immerhin in einem separaten Call mit Trump sprechen – ganze 60 Minuten! Und in dieser Stunde hat Trump, so Merz, „intensiv über Modalitäten gesprochen“. Wir wissen alle, was das bedeutet: Trump hat geredet. Viel. Und vermutlich über sich. Und Putin. Und sich mit Putin. Dass dabei tatsächlich Inhalte zur Sprache kamen, ist möglich – aber nicht belegbar.
Peace, PR und Putin-Bonbons
Am Ende bleibt der Eindruck: Trump will Frieden, aber bitte nur mit Kamera, rotem Teppich und Nobelpreisurkunde. Putin will die Ukraine, am liebsten mit den alten Grenzen der UdSSR – sein Außenminister trägt das ja jetzt schon am Oberkörper.
Und die Welt? Sie sieht zu. Wie beim Autounfall, bei dem man hofft, dass wenigstens die Airbags funktionieren. Die Presse durfte nicht fragen, Europa durfte nicht mitreden und die Ukraine darf demnächst wahrscheinlich unterschreiben, dass sie für den Frieden bitte den halben Osten herschenken soll.
Anchorage war kein Gipfel – es war eine Reality-Show
Was bleibt von Anchorage?
- Ein roter Teppich mit braunen Flecken politischer Anbiederung,
- Zwei Alphamännchen mit narzisstischen Weltbildern,
- Eine Friedensvision, so solide wie Trumps Immobilienprojekte,
- Und ein Friedensnobelpreis, der in Trumps Gedankenkosmos längst auf dem Kaminsims liegt – direkt neben dem Selfie mit Kim Jong-un und dem Golfball mit Atomcode.
Wenn das der Anfang vom Ende des Ukraine-Krieges war, dann können wir nur hoffen, dass es nicht auch der Anfang vom Ende des gesunden Menschenverstands war.