Satiressum – Satire. Scharf. Subversiv.
Veröffentlicht am
Politik

Washington im Belagerungszustand – Sheriff Trump sattelt auf

Autor
Washington im Belagerungszustand – Sheriff Trump sattelt auf

Es gibt Tage, da wacht man in Washington, D.C., auf, schlürft seinen Latte im hippen Straßencafé – und stellt fest: Die Realität hat sich wieder in eine Episode einer schlechten Netflix-Politthriller-Serie verwandelt. Hauptrolle, wie immer: Donald J. Trump. Nur diesmal trägt er nicht den Anzug des Präsidenten, sondern den fantasievoll dekorierten Sheriffstern des selbsternannten Retters der Zivilisation.

Das Drehbuch ist simpel: Washington ist eine gesetzlose, von Gangs zerfressene Apokalypse – zumindest in Trumps Vorstellung, die offenbar durch einen Dauerstream von „CSI“ und „The Purge“ gefüttert wird.

Der Notstand als Reality-Format

Trump verkündet: „Schluss mit Elend, Verlotterung und Verbrechen!“ – und zack, schon rollt die Nationalgarde durch die Straßen, als würde sie gleich eine neue Staffel „The Apprentice: Urban Warfare Edition“ drehen. Die Show-Elemente sind perfekt abgestimmt:

  • Obdachlose werden „abtransportiert“ – vermutlich ins mysteriöse Off-Screen-Land „Außerhalb meiner Sichtweite“.
  • FBI-Agenten jagen Ladendiebe – weil die Agentur mit jahrzehntelanger Erfahrung in Spionageabwehr genau dafür geschaffen ist, gestohlene Müsliriegel sicherzustellen.
  • Teenager-Gangs werden „neutralisiert“ – wahlweise mit militärischer Präzision oder einfach durch die Kamerapräsenz von FOX News.

Das Washington aus Trumps Kopfkino

In Trumps Erzählung gleicht Washington einer Mischung aus „Mad Max“ und „Escape from New York“: brennende Barrikaden, marodierende Jugendbanden, Bürger, die sich im Supermarkt durch Stacheldraht-Labyrinthe winden. Die Realität? Eine Stadt, die – trotz realer Probleme – statistisch sicherer ist als manch verschlafene Kleinstadt, in der das größte Verbrechen die verspätete Lieferung der Grillkohle ist.

Selbst die Touristenzahlen sprechen eine andere Sprache: 30 Millionen Besucher im letzten Jahr. Die meisten haben es überlebt – ohne kugelsichere Weste, ohne Nahkampftraining. Aber hey, im Trump-TV wäre das einfach nicht quotentauglich.

Wenn Demokratie zur Mietwohnung wird

Der District of Columbia ist kein Bundesstaat, sondern ein spezieller Verwaltungsbezirk. Bedeutet: Trump kann hier die Verwaltung quasi „übernehmen“ wie ein schlecht gelaunter Airbnb-Gast, der das Schloss austauscht und die Küche nach seinen Vorlieben umbaut. Bürgermeisterin Muriel Bowser versuchte noch, sich einzuschmeicheln – übermalte „Black Lives Matter“ und lobte Trumps Homeoffice-Verbot, weil es der Gastronomie half. Ergebnis? Trump dankt es ihr, indem er ihre Stadt wie eine Kulisse für seinen persönlichen Law-and-Order-Wahlspot benutzt.

Law & Order – oder doch nur Self-Marketing?

Trump weiß, wie man Bilder inszeniert: ein paar dramatische Überwachungsvideos, ein Interview mit einem traumatisierten Ex-Doge-Mitarbeiter, der bei einem Autoraub verprügelt wurde, und schon hat man die perfekte Kulisse für den Retter in roter Krawatte. Statistiken über sinkende Kriminalität? Gähn. Die passen nicht in den Plot. Und schon gar nicht in eine Rede, die zwischen „Wir retten Amerika“ und „Ich bin der Einzige, der euch beschützen kann“ oszilliert.

Das Endgame: Macht auf Abruf

Diese Aktion ist mehr als eine Show: Sie ist ein Testlauf für die ganz große Trump-Variante von „Notstand light“. Wenn das in D.C. geht – warum nicht in anderen Städten? Heute Nationalgarde in Washington, morgen in San Francisco, übermorgen in Chicago. Immer dann, wenn die Bürgermeister die falsche Parteifarbe tragen.

Was hier passiert, ist keine Polizeimaßnahme, sondern ein Polit-Remix aus Western-Klischees, Reality-TV und autokratischem Machtgehabe. Trump spielt den Sheriff, der das Gesetz nicht durchsetzt, sondern neu schreibt – mit sich selbst als Gesetzestext. Die Hauptstadt als Bühne, die Bürger als Statisten, und die Demokratie? Die muss draußen warten, bis die Dreharbeiten abgeschlossen sind.