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AfD, der Vermieter und die große Mietrechtsoper – ein Berliner Drama in drei Akten

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AfD, der Vermieter und die große Mietrechtsoper – ein Berliner Drama in drei Akten

Erster Akt: Die Wahlparty, die keiner wollte

Berlin-Wittenau. Normalerweise schläft hier der Büroalltag tief und fest – Aktenstapel, Drucker, graue Teppiche. Doch am Abend der Bundestagswahl 2025 erwacht der Eichhorster Weg 80 wie ein Provinzfestival: Zelte werden aufgeschlagen, Grills angefeuert, ein Raucherbereich errichtet, und die Fassade wird zur kostenlosen Lightshow mit überdimensionalem AfD-Logo. Einziger Haken: Der Mietvertrag. Der hatte ausdrücklich untersagt, das Gebäude zu einer Parteidisco umzufunktionieren.

Vermieter Lukas Hufnagl erfährt nicht etwa durch eine höfliche Anfrage, sondern aus der Presse, dass seine Immobilie plötzlich zur AfD-Eventhalle mutiert. Und als die Polizei die Straße wegen einer Demo sperrt, stehen auch noch andere Mieter draußen vor der Tür. Ob sie an einem Sonntag überhaupt reinwollten, bleibt unklar – aber das spielt keine Rolle, wenn die Empörung schon Feuer gefangen hat.

Zweiter Akt: Gerichtssaal statt Grillwurst

Hufnagl zieht die Notbremse und kündigt der Partei fristlos. Doch damit fängt das Theater erst an. Vor Gericht wird aus einem nüchternen Mietrechtsstreit ein halbes Kabarett.

Der Vermieter wirft der AfD nicht nur Vertragsverstöße vor, sondern erzählt von Drohungen, die ihn und seine Frau in Angst versetzt hätten. Mit hörbar bebender Stimme berichtet er, wie AfD-Funktionäre angeblich von „zwei, drei Bussen mit strammen Jungs“ gesprochen hätten, die jederzeit vorfahren könnten. Ein Bild, das man sich fast im Cinemascope-Format vorstellen kann: Reisebusse voller Parteisoldaten, die mit Grillzangen und Bierkrügen bewaffnet das Bürogebäude „verteidigen“.

Der Richter mahnt ihn, Ruhe zu bewahren. Doch Hufnagl kann nicht. Er will AfD-Bundesschatzmeister und Bundesgeschäftsführer vorladen lassen, spricht von absurden Gerüchten, er sei ein Mossad-Agent, der heimlich Flüchtlingsheime in AfD-Büros eröffnen wolle. Seitdem, sagt er, erhalte er Drohanrufe „mit hörbar sächsischem Akzent“.

Kurzum: Ein ganz normaler Berliner Mietprozess, bei dem man sich fragt, ob man nicht besser das Satiremagazin „Titanic“ statt die Gerichtsreporter hätte hinschicken sollen.

Dritter Akt: Das Urteil der Vernunft – und der Bürokratie

Richter Burkhard Niebisch zeigt Nerven wie Drahtseile. Er erkennt Vertragsverstöße, ja. Aber: Keine fristlose Kündigung. Denn dafür hätte der Vermieter zuerst abmahnen müssen. Wer Party im Innenhof feiert, verliert nicht gleich die Wohnung – jedenfalls nicht sofort.

Das Ergebnis: Die AfD darf bleiben. Nicht für immer, aber bis Ende 2026, abhängig von den verschiedenen Mietverträgen. Dann greifen die ordentlichen Kündigungen, die Hufnagl vorsorglich ausgesprochen hat. Ein Jahr mehr Berliner Büroposse – genug Zeit für die Partei, einen neuen Unterschlupf zu suchen. Die Makler dieser Stadt werden sich freuen. Oder auch nicht.

•   Die AfD feiert das Urteil als Sieg. Schließlich klingt „Wir dürfen noch ein Jahr bleiben“ besser als „Bald müssen wir die Kartons packen“.
•   Der Vermieter hat zwar die Schlacht verloren, aber die Uhr läuft für ihn. Ein Countdown zur Räumung – wie eine tickende Zeitbombe, nur bürokratischer.
•   Der Richter hat gezeigt, dass deutsches Mietrecht auch gegen politische Grotesken immun ist. Regel Nummer eins: Erst abmahnen, dann meckern.

Das Ganze erinnert an eine Operette im Berliner Verwaltungsstil: ein Vermieter, der verzweifelt um seine Ruhe kämpft, eine Partei, die ihre Büros wie ein Festzelt benutzt, und ein Gericht, das unerschütterlich auf den Paragraphen besteht.

Die Moral von der Geschicht’? Wenn du deinen Mietvertrag liest, stell sicher, dass du auch die Fußnoten verstehst. Und wenn du eine Wahlparty planst, prüf vorher, ob der Innenhof wirklich deiner ist.

Deutschland 2025, wo selbst das Mietrecht spannender ist als so mancher Wahlkampf.