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England vs. Andorra: Wenn König Fußball zum Kamillentee wird

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England vs. Andorra: Wenn König Fußball zum Kamillentee wird

England, die selbsternannte Wiege des Fußballs, stand wieder einmal auf dem Platz – und machte das, was Engländer nun mal am besten können: Erwartungen aufblasen wie ein Wembley-Ballon und dann 90 Minuten lang so spielen, dass selbst ein Dauerabo auf die „Sendung mit der Maus“ aufregender wirkt. Gegner? Andorra. Einwohnerzahl: weniger als die Warteschlange vor einer Londoner Fish-and-Chips-Bude an einem Samstagabend. FIFA-Rangliste: 174. Also ungefähr die fußballerische Version von „DHL liefert irgendwann“.

Tuchel, der Prophet der Langeweile

Thomas Tuchel, der Mann mit der Mission „Titel oder Tod“, hatte eine klare Ansage gemacht: Wir wollen alles gewinnen! Nach dem 2:0-Sieg gegen Andorra war er hochzufrieden. „Ich mochte unsere Vorstellung“, säuselte er. Übersetzt: England hat mit 85 Prozent Ballbesitz ungefähr so viele Ideen entwickelt wie ein Toastbrot auf Diät. Tuchel selbst bejubelte ein Eigentor der Andorraner mit einer Begeisterung, als hätte er soeben die Wiedervereinigung eingeleitet. Man merkte: Der Mann ist mit den kleinen Dingen im Leben zufrieden – vielleicht hat er auch deshalb jahrelang Bayern trainiert.

Eigentore – die neue englische Geheimwaffe

Das 1:0 fiel durch Christian Garcia, seines Zeichens Abwehrspieler aus Andorra. Ein Kopfball ins eigene Netz, das wahrscheinlich in London als taktische Meisterleistung verkauft wird. „Garcia spielt den perfekten englischen Stürmer“, schrieb ein Satiriker auf Twitter. Tuchel dagegen riss die Arme hoch, als hätte England gerade das WM-Finale gewonnen. Es war der bewegendste Moment seit dem Brexit, nur dass diesmal immerhin ein Tor dabei heraussprang.

Kane und Co.: Vom Löwen zum Stubenkater

Harry Kane, der sonstige Torjäger, war so präsent wie ein leerer Pub während der Happy Hour. Chancen? Fehlanzeige. Der Stürmer verpasste eine Hereingabe um ein paar Zentimeter – oder, wie die britischen Kommentatoren es ausdrücken würden: „a heroic attempt“. In Wahrheit wirkte Kane eher wie jemand, der geistig schon beim Teekochen in der Kabine war.

Die englische Presse: zwischen Gähnen und Galgenhumor

Die Daily Mail fasste die Stimmung in einem Satz zusammen: „Langweiliges, langweiliges England.“ Und das von einer Zeitung, die sonst schon in Regenwolken die Anzeichen einer russischen Invasion sieht. Der Independent nannte es „solide, aber uninspiriert“. Das ist ungefähr so, als würde man einem Michelin-Koch bescheinigen, er habe Spaghetti mit Ketchup immerhin nicht anbrennen lassen. Und die Sun donnerte: „Nach fünf Spielen unter Tuchel fällt es schwer, sich an positive Aspekte zu erinnern.“ Wer die Sun kennt, weiß: Normalerweise erinnern die sich nicht mal an die Überschrift von gestern.

Andorra – die Mauer vom Pyrenäen-Parkplatz

Andorra verteidigte mit elf Mann auf 30 Metern – kurz: sie stellten einen doppelten Fünfer-Abwehrriegel auf, der so kompakt war, dass man ihn direkt bei IKEA ins Regal legen könnte. Mittendrin: Pau Babot, ein Spieler vom deutschen Fünftligisten SV Rot-Weiss Walldorf. Während englische Millionenstars wie Kane oder Sterling verzweifelten, machte Babot den Pyrenäen-Puyol – und das im Stadion von Birmingham.

Drei Punkte, null Funken

Am Ende stand ein 2:0. England jubelte, Andorra zuckte mit den Schultern. Tuchel aber bleibt ein Rätsel: Er spricht von „Titel gewinnen“, während seine Mannschaft gegen ein Land, das fußballerisch näher am Kegeln als am Königreich steht, wirkt wie eine eingeschlafene Netflix-Serie.

Nun wartet Serbien in Belgrad – ein Gegner, der bekannt ist für hitzige Fans, laute Stadien und Spieler, die garantiert nicht durch Eigentore glänzen. Wenn England dort wieder einschläft, könnte es passieren, dass Tuchel seine Titelvision schneller los ist als man „It’s coming home“ grölen kann.