- Veröffentlicht am
- • Politik
RFK Jr. – Vom Impfgegner zum Gesundheitsminister: Amerikas kurioseste Selbsttherapie
- Autor
-
-
- Benutzer
- tmueller
- Beiträge dieses Autors
- Beiträge dieses Autors
-

Washington, DC – Man kennt die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Aber dass man auch die Begrenzung des gesunden Menschenverstandes gleich mit ins Kabinett holen kann, ist neu. Robert F. Kennedy Jr., kurz RFK Jr., sitzt tatsächlich als Gesundheitsminister im Trump-Kabinett – und das, obwohl (oder gerade weil) er Impfungen für Hexerei, Verschwörungstheorien für Fakten und YouTube-Kommentare für evidenzbasierte Studien hält.
Die Anhörung: Daten? Ach was, Gefühle!
Sein jüngster Auftritt vor dem Finanzausschuss des Senats war weniger eine Anhörung als vielmehr eine therapeutische Gruppensitzung für alle, die an die Kraft von Detox-Säften glauben. Auf die Frage, wie viele Menschen durch Covid-Impfungen gerettet wurden, antwortete RFK Jr.: „Keine Daten vorhanden.“ Das ist in etwa so, als würde ein Feuerwehrmann auf die Frage „Helft ihr beim Löschen?“ erwidern: „Keine Beweise, dass Wasser nass ist.“
Dass WHO, The Lancet, Stanford und Yale reihenweise Studien veröffentlicht haben, die von Millionen verhinderten Toten sprechen – geschenkt. Fakten sind schließlich etwas für schwache Geister, während der wahre Staatsmann lieber auf seine innere Stimme hört. Und die klingt bei RFK Jr. verdächtig nach einem Telegram-Sprachchat.
Familienintervention – Thanksgiving als Krisensitzung
Nun aber schlägt die Realität zurück – in Gestalt seiner eigenen Familie. Neffe Joe Kennedy III. schrieb auf X, sein Onkel sei eine „Bedrohung für die Gesundheit der Nation“. Übersetzung: Selbst in einer Familie, die an Flüche glaubt, ist RFK Jr. ein Risiko.
Schwester Kerry Kennedy wurde noch direkter: „Medizinische Entscheidungen gehören in die Hände von Fachkräften, nicht in inkompetente und fehlgeleitete Führung.“ Man kann sich lebhaft vorstellen, wie bei der nächsten Familienfeier die Plätze neben RFK Jr. leer bleiben – direkt zwischen dem Truthahn und dem Aluhut.
Die Experten-Chöre: Ein ganzes Orchester der Verzweiflung
Als wären Familienrebellionen nicht genug, meldeten sich auch gleich neun (!) ehemalige Chefs der Gesundheitsbehörde CDC zu Wort. Gemeinsam schrieben sie einen Gastbeitrag in der New York Times, in dem sie warnten: „Kennedy gefährdet die Gesundheit aller Amerikaner.“ Neun Ex-Chefs – das ist praktisch ein Fußballteam, das geschlossen erklärt: „Unser Torwart ist eine Gefahr für den Verein.“
Ihre Vorwürfe: Entlassung tausender Fachkräfte, Abbau von Präventionsprogrammen, und während der größten Masern-Welle seit Jahrzehnten das Vertrauen in „nicht erwiesene Behandlungen“. Man gewinnt den Eindruck, Kennedy leitet das Ministerium wie ein Esoterik-Shop auf QVC: „Und hier, meine Damen und Herren, haben wir ein wundervolles Kräuterelixier – garantiert ungeprüft, aber mit viel Gefühl!“
Die Trump-Note: Chaos mit System
Natürlich ist das Ganze kein Zufall. Donald Trump, Meister des Kabinetts als Reality-Show, hat mit Kennedy genau den Mann berufen, der sich perfekt ins Ensemble fügt: einer, der Wissenschaft mit Misstrauen verwechselt und Beweise für eine linke Verschwörung hält. „Make America Healthy Again“ klingt unter Kennedy eher wie: „Make America Herbal Again“.
Ministerium der Ironie
Ein Gesundheitsminister, der Impfungen für überflüssig erklärt, ist ungefähr so hilfreich wie ein Verkehrsminister, der den Führerschein für Hexerei hält. Dass nun sogar die eigene Familie zum Rücktritt aufruft, ist die wohl ehrlichste Form der Opposition.
Kennedy selbst wird sich davon wohl kaum beeindrucken lassen. Schließlich hat er einen Vorteil: Er glaubt sowieso, dass alle gegen ihn sind – was diesmal sogar stimmen könnte.