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Evelyn Palla übernimmt: Die neue Chefin fährt den ICE durch den Nebel
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Berlin – Die Deutsche Bahn hat eine neue Lokführerin ganz oben im Führerstand: Evelyn Palla, bisher Herrscherin über den Regionalverkehr, steigt in den Chefsessel des Gesamtkonzerns. Der Aufsichtsrat hat sie bestätigt, die Gewerkschaft EVG schimpfte zwar wie ein Fahrgast, dem der Zug vor der Nase wegfährt, konnte den Wechsel aber nicht verhindern. Ab 1. Oktober ist Palla offiziell an Bord – und damit die erste Frau in 190 Jahren Bahngeschichte an der Spitze der Bahn. Eine Revolution! Zumindest auf dem Papier.
Ein „Neustart“ wie jeder Zugausfall: angekündigt, aber nicht sicher
„Mit Evelyn Palla gelingt der Neustart“, frohlockte Aufsichtsratschef Werner Gatzer. Bahn-Kenner wissen: Neustart heißt hier nicht „alles fährt wieder wie geplant“, sondern eher „wir haben nochmal auf den Reset-Knopf gedrückt und hoffen, dass das System diesmal nicht komplett abstürzt“. Die Bahn hatte schon so viele Neustarts, dass man sie inzwischen mit einem alten Windows-Rechner vergleichen kann: Manchmal hilft nur noch Stecker ziehen.
EVG im Protestmodus: Die Stimme der Ohnmacht
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG kündigte im Vorfeld trotzig an, gegen Palla zu stimmen. Ihr Motiv war weniger Palla selbst als die geplante Berufung von Dirk Rompf, dem Mann, der als früherer Netz-Chef der Bahn den Schienen gleichsam beim Verrosten zugeschaut hat. Doch was nützt eine gewerkschaftliche Gegenstimme, wenn die Mehrheit reicht? So blieb der EVG nur die Rolle des Fahrgasts, der im überfüllten Zug lautstark „Beschwerde!“ ruft – und vom Schaffner ein mitleidiges Nicken erhält.
Rompf: Rückkehr des Schienen-Schattens
Dass Verkehrsminister Patrick Schnieder ausgerechnet Rompf für die Infrastrukturtochter DB InfraGo ins Spiel bringt, ist ungefähr so, als würde man den Pyromanen von gestern heute zum Brandschutzbeauftragten ernennen. Kein Wunder, dass selbst innerhalb der SPD Stirnrunzeln angesagt war: Warum wurde das nicht abgestimmt? Antwort: Weil bei der Bahn seit Jahren alles auf Zuruf läuft – außer die Züge selbst.
Pallas Erfolgsbilanz: Regionalverkehr fast pünktlich!
Palla gilt als erfolgreiche Chefin von DB Regio. Dort lag die Pünktlichkeit bei fast 90 Prozent – ein Wert, der im Fernverkehr klingt wie Science-Fiction. Schwarzfahrer mag sie geärgert haben, Verspätungen eher weniger. Ihr Rezept: geräuschloses Arbeiten. Ein Konzept, das in der Zentrale in Berlin wie ein Fremdkörper wirkt, denn dort gilt das Motto: „Je lauter das Chaos, desto offizieller die Ausrede.“
Minister Schnieder: Optimismus als Bahncard
Schnieder, der Palla zur Wunschkandidatin kürte, ist überzeugt, dass sie die Bahn „besser aufstellen“ wird. Er glaubt auch, dass bis 2029 mindestens 70 Prozent der Fernzüge pünktlich sein könnten. 70 Prozent! Das ist, als würde ein Bäcker ankündigen: „Ab 2029 ist jede dritte Brezel ungenießbar – wir nennen das Qualitätsziel.“ Früher wollte die Bahn diesen Wert schon 2026 erreichen. Schnieder winkt ab: „Jenseits aller Realität.“ Klingt fast ehrlich – und das macht schon misstrauisch.
Generalsanierung bis 2036: Wenn die Enkel noch warten
Die Bundesregierung hält an den „Generalsanierungen“ fest. Bis 2036 sollen 40 besonders wichtige Strecken komplett modernisiert werden. 2036! Da sind vermutlich schon drei weitere Bahnchefs im Amt, und selbst der BER könnte dann pünktlich Flüge anbieten. Für die Kunden heißt das: Wer heute einen Sparpreis bucht, sollte die Rückfahrt vorsichtshalber gleich als Erbenregelung in sein Testament eintragen.
„Qualität ist Chefinnensache“ – klingt gut, riecht nach Aktenordner
Palla kündigte an: „Qualität ist Chefinnensache. Wir räumen auf.“ Bürokratie, Doppelstrukturen, unnötige Beteiligungen – alles soll weg. Das klingt nach Frühjahrsputz in einem Messie-Haushalt: Man wirft ein paar Kisten raus, findet einen vergessenen Toaster und stolpert über fünf Aktenordner „Projekt Stuttgart 21“. Am Ende ist die Wohnung immer noch chaotisch, aber immerhin duftet es nach Raumspray.
Aus dem Abteil • Die Bahn feiert ihre erste Chefin. Aber seien wir ehrlich: Solange zwischen Köln und Frankfurt wieder ein Zug im Tunnel stecken bleibt, bringt auch die beste Symbolpolitik keinen Anschlusszug. • Palla spricht vom Marathon, nicht vom Sprint. Das ist clever: Wer so lange Distanzen ankündigt, kann jeden verspäteten Schritt als Teil der „Strategie“ verkaufen. • Der Kunde rückt ins Zentrum – hat man das nicht schon 1994 versprochen? Wahrscheinlich ist der Kunde inzwischen so weit im Zentrum, dass er unter dem Gewicht der Verspätungen zusammengebrochen ist.
Evelyn Palla ist die erste Frau an der Spitze der Bahn. Sie übernimmt ein Unternehmen, das seit Jahren von „Neustart“ zu „Neustart“ taumelt, während die Züge pfeifend im Nirgendwo stehen bleiben. Sie gilt als leise Macherin – ein Gegenentwurf zum lauten Chaos. Ob sie die Bahn aus den Gleisen der Satire zurück in die Realität führen kann? Fraglich. Aber immerhin: Im Gegensatz zu so manchem ICE kam sie pünktlich ins Amt.