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Gerassimows Karte: Wenn die Wanddekoration Kriegsziele verrät
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Normalerweise erwartet man in russischen Militärvideos etwas anderes: monotone Reden, graue Uniformen, graue Gesichter, graue Lügen. Doch diesmal war es bunter – oder vielmehr röter. Generalstabschef Waleri Gerassimow hielt eine Rede über „Erfolge“ in der Ukraine, doch der eigentliche Star war die Karte hinter ihm: ein knallroter Spoiler für Russlands Expansionspläne.
Wo im Westen Karten zur Urlaubsplanung dienen, nutzt Moskau sie offenbar als „Bald-meins“-Poster. Odessa und Mykolajiw leuchteten da schon wie zwei Sonderangebote im Supermarkt.
Die unbeabsichtigte Netflix-Serie: „Kartengate“
Das Video wurde am 30. August veröffentlicht, doch der eigentliche Plot drehte sich nicht um Gerassimows Worte, sondern um die Hintergrundgrafik. Experten auf der ganzen Welt drückten sofort die Pause-Taste, zoomten hinein und nickten wissend: „Aha, rote Striche. Klassisches Russland.“
Die Linie stoppte nicht etwa am Dnipro – dem aktuellen Frontfluss – sondern zog sich großzügig bis zur Grenze nach Moldau und Rumänien. Praktisch, als wolle man sagen: „Wir nehmen gleich die ganze Schwarzmeerküste, wenn wir schon mal dabei sind.“
Für Geostrategen ein Alarmsignal. Für Satiriker ein gefundenes Fressen: Wer braucht noch Diplomatie, wenn ein General seine Kriegsziele versehentlich als Wanddeko veröffentlicht?
Russische Symbolik – so subtil wie ein Panzer im Vorgarten
Kenner der russischen Propaganda betonen: In Moskau ist nichts zufällig. Schon gar nicht in einem Video, das weltweit verbreitet wird. Wenn also Odessa und Mykolajiw rot markiert sind, dann nicht aus dekorativen Gründen. Niemand im Kreml malt Städte „aus Versehen“ an.
Die Botschaft ist eindeutig: „Hierhin möchten wir gern vorstoßen.“ Oder satirisch übersetzt: „Hier sehen Sie unsere Wunschliste, bitte keine Rückfragen.“
Es ist die geopolitische Version eines Ikea-Katalogs: Man blättert, markiert und hofft, dass es am Ende genauso aussieht wie auf den Bildern – auch wenn die Realität voller Kratzer und fehlender Schrauben steckt.
Monopoly mit Blut und Beton
32 Prozent des ukrainischen Territoriums wären damit Teil des russischen Imperiumstraums. Aktuell sind es „nur“ 19 Prozent. Russland spielt Monopoly, aber nicht mit Straßen und Bahnhöfen, sondern mit Millionen Menschenleben.
Die Ukraine wäre ihre gesamte Küste los – Odessa, das Tor zum Schwarzen Meer, verschwände aus der Landkarte wie ein gestrichener Zughalt. Für Russland ein Jackpot, für die Ukraine ein Albtraum. Oder um es in Moskaus Lieblingssprache auszudrücken: „strategischer Gewinn“.
Gerassimows Rede: Worte wie Nebel, Karten wie Scharfschützen
In seiner Rede sprach Gerassimow von „Fortsetzung der Angriffe“. Klingt nach Routine, fast bürokratisch. Doch die Karte dahinter war brutaler als jedes Wort: ein klares „Wir wollen mehr“.
Es wirkt fast so, als sei Gerassimow nur der Moderator gewesen, während die eigentliche Botschaft stillschweigend an der Wand hing. Eine Art „PowerPoint ohne Power, nur Point“.
Diplomatie vs. Wanddeko
Der Westen redet über Friedensinitiativen, Gipfeltreffen, Sicherheitsgarantien. Russland hängt währenddessen Karten ins Büro, auf denen die Ukraine schon verkleinert ist. Wenn Diplomatie ein Konferenzraum ist, dann ist der Kreml ein Kinderzimmer mit Weltkarten, auf denen jemand mit rotem Filzstift „MEINS“ geschrieben hat.
Putins General als Innenarchitekt
Die eigentliche Pointe: Gerassimow hat weniger als General agiert, sondern als Innenarchitekt. Sein Stil: aggressiv-rote Flächen, klare Linien, keine Rücksicht auf Realitäten.
Für den Rest der Welt bleibt die Frage: War es wirklich ein Versehen – oder ein kalkulierter „Leak“ im Wandformat?
Satirisch gesprochen: Gerassimows Karte ist das erste Möbelstück der russischen Kriegspropaganda, das mehr verrät als jede Rede – eine IKEA-Anleitung zur Invasion, nur ohne Schrauben, dafür mit Bomben.