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G20 – Wenn Trump die Weltpolitik wie „Germany’s Next Topmodel“ moderiert
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Es gibt Tage in der internationalen Politik, da hat man das Gefühl, Donald Trump verwechselt das Oval Office mit einer Reality-TV-Bühne. Vielleicht liegt es an der Beleuchtung, vielleicht an den Kameras oder einfach an der Tatsache, dass er alles, was länger als ein Tweet dauert, für einen Staffelfinale-Monolog hält. Sein neuestes Meisterwerk? Der Präsident der Vereinigten Staaten möchte Südafrika aus der G20 werfen – also der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Warum? Gute Frage. Vermutlich weil es nicht Trumpistan heißt und keinen Golfplatz hat.
Die Bühne ist bereitet: Miami, Mikrofon, Maximale Verwirrung
Bei einem Auftritt in Miami – der Ort, an dem ernsthafte Politik schon immer besonders gut funktionierte – verkündete Trump vor jubelnden Anhängern:
„Südafrika sollte gar nicht mehr in der G20 sein.“
Das klang ungefähr so, als hätte jemand versehentlich die diplomatische Version von „Du bist raus, Liebling!“ aus Germany’s Next Topmodel übersetzt.
Nur dass es hier nicht um das Rauswerfen einer Kandidatin mit schiefem Laufsteg-Gang geht, sondern um ein Land mit 60 Millionen Einwohnern, das immerhin die größte Wirtschaftskraft Afrikas repräsentiert. Aber wer wird in solchen Details schon kleben bleiben, wenn der Applaus stimmt?
Trump erklärte weiter, er selbst werde nicht am kommenden G20-Gipfel in Südafrika teilnehmen – und schickte lieber Vizepräsident J.D. Vance. Ein Mann, der jetzt wahrscheinlich hektisch in Google Maps „Johannesburg Klima im November“ eingibt und sich fragt, ob er diplomatische Krisen auch mit Baseballmetaphern lösen kann.
Trumps Begründung: Zwischen Bauchgefühl und Bullshit
Warum genau Südafrika aus der G20 fliegen soll, blieb wie immer nebulös. Trump sagte, er habe „viele Probleme“ mit dem Land – was bei ihm in etwa so viel bedeutet wie: „Ich habe ein Gefühl, und das reicht mir völlig.“
Bereits im Sommer hatte er Südafrika beschuldigt, Weiße würden dort „systematisch verfolgt und getötet“. Eine Behauptung, die so oft widerlegt wurde, dass sie inzwischen in politikwissenschaftlichen Lehrbüchern als Paradebeispiel für „alternative Fakten“ zitiert wird.
Doch Trump hält an der Mär fest wie ein Mann, der auf einem sinkenden Boot steht und ruft: „Ich schwitze nicht, das ist nur Patriotismus, der aus den Poren kommt!“
„Viele Menschen werden getötet“, sagte er – ohne Belege, ohne Quellen, aber mit maximaler Empörung.
Das Publikum nickte andächtig. Fakten waren ohnehin nie Trumps Lieblingsfach, eher eine Nebenbeschäftigung für schwache Charaktere.
Cyril Ramaphosa: Das Déjà-vu des diplomatischen Grauens
Schon Monate zuvor hatte Trump den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa bei einem Besuch im Oval Office öffentlich gedemütigt – indem er ihn mitten im Gespräch unterbrach, um zu erklären, dass er „übrigens ein großer Fan von Afrika“ sei, solange es „keine Flüchtlinge schickt“.
Ramaphosa reagierte diplomatisch, lächelte höflich – und ertrug den Auftritt mit der Gelassenheit eines Mannes, der weiß, dass man gegen einen Orkan nicht diskutiert, sondern abwartet, bis er sich selbst erledigt.
Nun also Runde zwei: Der US-Präsident zieht verbal die Axt und will Südafrika aus dem G20-Club werfen. Eine beachtliche Idee, wenn man bedenkt, dass genau dieses Land aktuell den Vorsitz innehat. Das ist in etwa so, als würde man den Gastgeber einer Party mitten im Abend aus dem eigenen Wohnzimmer schmeißen und sich dann wundern, warum das Licht ausgeht.
Außenpolitik als Reality-Show
Trumps Außenpolitik folgt einer einfachen Dramaturgie:
- Wähle ein Land, das du gestern gegoogelt hast.
- Erfinde einen Skandal.
- Drohe mit Sanktionen, Strafmaßnahmen oder einem persönlichen Boykott.
- Schicke deinen Stellvertreter hin, um den Scherbenhaufen mit einem „Wir meinen das alles nicht so“ zu erklären.
In der Trump-Diplomatie ist „Freundschaft“ kein Zustand, sondern ein Deal auf Probe. Wer ihm widerspricht, landet auf der schwarzen Liste. Wer ihm schmeichelt, bekommt dafür ein Selfie – oder ein Handelsabkommen, je nach Tagesform.
Die G20 als Trump’sche Talkshow
In Trumps Kopf sind internationale Gipfeltreffen keine Foren der Kooperation, sondern Castingformate. Da gibt’s die „Top Nations“, die sich im Glanz seiner Gunst sonnen dürfen, und die „Problemkandidaten“, die rausfliegen, weil sie zu viel „linke Energie“ haben.
Man stelle sich einen G20-Gipfel unter seiner Moderation vor:
Trump: „Deutschland, du bist langweilig. China, du bist zu stark. Südafrika – sorry, du passt einfach nicht ins Konzept!“ Publikum: „Ohhh!“ Trump: „Aber keine Sorge, ich habe euch allen was mitgebracht – America First-Shirts!“
Man kann nur froh sein, dass internationale Diplomatie noch nicht nach Zuschauer-Voting entschieden wird. Denn Trumps globales Weltbild ist ungefähr so differenziert wie ein Kinderkarussell: Hauptsache, er sitzt in der Mitte und alle anderen drehen sich um ihn.
Wenn politische Größe am Ego scheitert
Trumps Absage an den Gipfel und seine Angriffe gegen Südafrika sind weniger außenpolitische Strategie als innenpolitische Show. Der Mann spielt für sein Publikum – jene Wähler, die glauben, dass man Weltpolitik wie ein Wrestling-Match führen kann: laut, einfach und mit möglichst vielen Feindbildern.
Dabei geht es gar nicht um Südafrika. Es geht um den Reflex, den er so meisterhaft beherrscht: Empörung erzeugen, Komplexität vermeiden, Aufmerksamkeit sichern.
Dass Südafrika ein zentraler Partner in Afrika ist, dass es eine der stärksten Demokratien des Kontinents und Mitglied der BRICS-Staaten ist – all das spielt keine Rolle. In Trumps Welt zählt nur, wer ihn mag und wer nicht.
Und wer ihn nicht mag, wird aus der G20 geworfen. Oder aus dem Raum. Oder aus dem Gedächtnis.
Der G20-Kasper mit der goldenen Tröte
Wenn Trump Außenpolitik betreibt, sieht das aus wie ein Kind, das Monopoly mit echten Ländern spielt – inklusive Schreianfall, sobald es auf „Gemeinschaftsfeldsteuer“ landet.
Sein Vorschlag, Südafrika aus der G20 zu entfernen, ist diplomatisch wertlos, aber symbolisch entlarvend: Ein Präsident, der internationale Zusammenarbeit wie ein Casting moderiert, ist nicht Staatsmann, sondern Entertainer.
Die G20, eigentlich eine Plattform globaler Lösungen, wird in seiner Erzählung zum Fernsehstudio, in dem er die Hauptrolle spielt. Nur dass die Welt mittlerweile genug hat von Reality-TV – besonders, wenn der Moderator ständig das Mikrofon ins eigene Gesicht hält.