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Generation Deutschland sucht das Hotelzimmer – Eine Partei auf Herbergssuche

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Generation Deutschland sucht das Hotelzimmer – Eine Partei auf Herbergssuche

Es war einmal eine Partei, die wollte jung bleiben. Also beschloss sie, sich eine neue Jugend zu basteln – frisch, patriotisch, ein bisschen rebellisch, aber bitte mit deutscher Disziplin und ordentlich Frisur. Der Name: „Generation Deutschland“. Klingt wie eine Castingshow zwischen Nationalhymne und Dosenbier. Doch bevor die neue Bewegung überhaupt geboren werden kann, steht sie schon ohne Dach über dem Kopf da.

Denn das geplante Gründungstreffen der neuen AfD-Jugend in Gießen hat ein Problem: kein Hotel, kein Caterer, kein Buffet – also praktisch das Schlimmste, was einer deutschen Parteiveranstaltung passieren kann. „Das Hotel hat uns gekündigt!“, klagte AfD-Vize Kay Gottschalk mit der Empörung eines Mannes, dem man gerade das letzte Stück Schwarzwälder Kirschtorte weggegessen hat. Und das angeblich nicht aus organisatorischen Gründen, sondern „unter Druck“. Von wem? Das blieb nebulös. Vielleicht vom Verfassungsschutz. Vielleicht vom gesunden Menschenverstand.

Ein Hausverbot für die neue Bewegung

Man kann sich die Szene herrlich vorstellen: Ein AfD-Funktionär ruft im Hotel an, um die Buchung zu bestätigen, und am anderen Ende herrscht betretenes Schweigen. Dann das leise, aber deutliche „Äh … nein danke.“ Vielleicht hat die Hotelleitung irgendwann gemerkt, dass „Generation Deutschland“ keine neue Popband ist, sondern ein Projekt, das mit „Vielfalt“ ungefähr so viel zu tun hat wie ein Sauerkrautkonzert mit Jazz.

Und während andere Jugendorganisationen sich mit Pizza und PowerPoint auf ihre ersten Sitzungen vorbereiten, steht die AfD vor einem Trümmerhaufen aus Stornos und beleidigten Leberwürsten. Das Hotel sagt ab, der Caterer springt ab – vermutlich wollte der keine rechte Wurstplatte liefern – und die Parteispitze steht nun da, wie ein Tourist mit Koffer und ohne Buchung: „Haben Sie vielleicht noch ein Zimmer mit Aussicht auf den Untergang des Abendlandes?“

Von der JA zur GA – Buchstabenroulette im rechtspopulistischen Alphabet

Dass die AfD überhaupt eine neue Jugendorganisation braucht, ist schon ein Kapitel für sich. Die alte, die Junge Alternative (JA), hatte sich als zu rechtsextrem herausgestellt – und das, wohlgemerkt, aus Sicht einer Partei, die selbst vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem gilt. Das ist ungefähr so, als würde ein Pyromane sagen: „Also diese Kerze da ist mir zu brandgefährlich.“

Die JA war für die Mutterpartei offenbar zu wild, zu ideologisch, zu – nun ja – echt. Also soll nun die „Generation Deutschland“ her, als artige Nachfolgegeneration: weniger Springerstiefel, mehr Smartphone, weniger Hitlergruß, mehr Hashtag. Ein Rebranding also, das sich so jugendlich gibt wie ein 50-jähriger Parteivorsitzender im Hoodie.

Man will modern wirken, digital, anschlussfähig – und trotzdem „klar deutsch“. So wie ein TikTok-Account, der zwischen nationaler Pathosmusik und Bierzeltreden schwankt.

Das Hotel als Symbol der Demokratie

Dass die AfD jetzt keine Unterkunft findet, ist fast schon poetisch. Eine Bewegung, die sonst ständig davon redet, man müsse Menschen „zurückschicken“, wird plötzlich selbst vor verschlossenen Türen stehen gelassen. Man könnte sagen: Die Realität hat Asyl verweigert.

Und während Parteivize Gottschalk vor den Journalisten tapfer „Ersatz wird gesucht“ verkündet, läuft im Hintergrund vermutlich schon die große improvisierte Logistikshow an: „Plan B: Grillabend im Schrebergarten? Plan C: Zeltlager im Thüringer Wald? Plan D: Wir treffen uns einfach in Telegram-Gruppen.“

Die Jugend, die keiner will

Man fragt sich ohnehin, wie groß die Begeisterung unter jungen Menschen für ein solches Projekt sein kann. Wer sich heute zwischen Klimakrise, Mietpreisen und mentaler Erschöpfung bewegt, hat wahrscheinlich wenig Lust auf eine Jugendbewegung, deren Zukunftsvision vor allem aus dem Rückspiegel besteht.

Doch die AfD gibt nicht auf. Sie träumt von einer neuen Jugendbewegung, die sich an „deutsche Werte“ klammert – also vermutlich an das, was in Schulbüchern unter Kaiser Wilhelm II. noch als Tugend galt: Disziplin, Ordnung und die Fähigkeit, die Schuld immer bei anderen zu suchen.

Zwischenruf: Generation Durststrecke

Es ist fast rührend, wie unbeirrbar die AfD an ihrer Jugendoffensive festhält, obwohl sie in etwa so hip wirkt wie eine Reichskriegsflagge in einem Club mit Türsteher. Vielleicht sollte man ehrlich sein: Wenn eine Partei ihre Nachwuchsorganisation „Generation Deutschland“ nennt, klingt das weniger nach Aufbruch als nach einem Schulprojekt mit PowerPoint-Vorlage aus den 90ern.

Und doch bleibt sie hartnäckig. Vielleicht kommt die Jugend ja doch noch – falls sie den Weg aus dem Geschichtsunterricht ins Hotel findet. Aber das steht ja jetzt auch nicht mehr zur Verfügung.

Ein Lehrstück über Ironie

Ironischerweise ist der Verfassungsschutz die einzige Institution, die der AfD noch echte Aufmerksamkeit schenkt – allerdings nicht aus Begeisterung. Die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ war im Mai 2025 der endgültige Ritterschlag im Handbuch der politischen Selbstzerstörung. Man könnte fast sagen: Der Verfassungsschutz ist mittlerweile so etwas wie der Konzertveranstalter, der immer wieder dieselbe Band buchen muss, obwohl das Publikum längst gegangen ist.

Und so bleibt die „Generation Deutschland“ vorerst ein Konzept ohne Bühne, ohne Publikum, ohne Hotelzimmer. Vielleicht ein Sinnbild für die ganze Partei: laut, heimatlos und mit einem großen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit.

Am Ende wird sie wahrscheinlich doch irgendwo tagen – in einer Mehrzweckhalle mit Neonlicht, zwischen belegten Brötchen und Nationalpathos. Und während der Parteivorstand sich über die „Meinungsdiktatur“ beschwert, wird der Caterer heimlich denken: „Vielleicht war das doch ganz gut, dass ich abgesagt habe.“