Satiressum – Satire. Scharf. Subversiv.
Veröffentlicht am
Politik

Unsäglich unerwünscht: Wie die AfD ihr jüngstes Mitglied schneller verwarf als eine Parteibroschüre

Autor
Unsäglich unerwünscht: Wie die AfD ihr jüngstes Mitglied schneller verwarf als eine Parteibroschüre

In der politischen Landschaft Deutschlands kommt es selten vor, dass eine Partei jemanden so deutlich und so öffentlich loswerden möchte, wie die AfD dies nun mit Alexander Eichwald tut. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein langjähriges Mitglied, das sich über Jahre untragbar gemacht hätte – sondern um jemanden, der vor gerade einmal zwei Monaten eingetreten ist. Man könnte sagen: Der AfD war Eichwald fast noch in der Widerrufsfrist.

Der Auslöser für die plötzliche Abneigung war Eichwalds Rede bei der Gründungsveranstaltung der neuen AfD-Jugendorganisation „Generation Deutschland“ – ein Name, der klingt wie eine patriotische Frühstücksflockenserie, aber als Versuch gedacht ist, der Partei ein jugendliches Image zu verpassen. Doch was dort geschah, war offenbar nicht das, was sich die Parteiführung vorgestellt hatte.

Eichwald hielt eine Rede, die selbst für AfD-Verhältnisse auffallend polarisiert haben muss, denn AfD-Chef Tino Chrupalla fand deutliche Worte in der ntv-Sendung „Pinar Atalay“:

„Solche Leute wollen wir nicht in unserer Partei.“

Ein Satz, der im politischen Berlin für hochgezogene Augenbrauen sorgte, denn man musste nicht lange warten, bis Kommentatoren fragten: Welche Art von Rede muss jemand halten, um in einer Partei, die nicht gerade für verbale Zurückhaltung bekannt ist, derart anecken zu können?

Chrupalla erklärte, Eichwald sei „wahrscheinlich extra für diesen Auftritt eingetreten“. Eine Unterstellung, die den politischen Alltag auf den Kopf stellt: Normalerweise betritt man eine Partei, um Teil der Organisation zu werden – nicht um direkt wieder hinauskomplimentiert zu werden. In der AfD hingegen könnte dies als innovativer Mechanismus gelten: Parteiaustritt inklusive, und das schon vor Ablauf der Mitgliedskarte.

Die AfD – plötzlich Hüterin politischer Reinheit?

Die Aussage „Solche Leute wollen wir nicht“ entfaltet ihren eigenen satirischen Glanz. In einer Partei, die über Jahre durch Personen aufgefallen ist, die wegen ihrer Aussagen in Talkshows, auf Parteitagen oder in Telegram-Gruppen scharf in der Kritik standen, wirkt dieser Satz wie die Ankündigung eines Vegetarierclubs, ab sofort keine Salatesser mehr zu dulden.

Es entsteht ein paradoxes Bild: Die AfD, die sonst gerne das Etikett „man wird ja wohl noch sagen dürfen“ bemüht, zeigt plötzlich Grenzen auf – allerdings nicht bei radikalen Ausritten, sondern bei einem Neumitglied, dessen Rede offenbar so schlecht ankam, dass sie sogar internen Überdruss erzeugte.

Chrupalla betont, dass gegen Eichwald ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet wurde. Juristisch betrachtet ist das ein langwieriger Prozess, politisch betrachtet ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass sich Eichwald die Mühe sparen kann, seine Mitgliedskarte laminieren zu lassen.

Die „Generation Deutschland“ – jung, frisch, und schon in der Krise

Die neue Jugendorganisation, die sich „Generation Deutschland“ nennt, sollte eigentlich ein Zeichen der Erneuerung setzen. Ein Startschuss für junge, idealistische, motivierte Mitglieder, die das Bild der Partei nach außen modernisieren könnten – oder zumindest ein Bild vermitteln, das nicht ausschließlich aus rhetorisch aufgepumpten Rentnern besteht.

Doch kaum gegründet, stolpert die Organisation bereits in ein innerparteiliches PR-Desaster. Ein Bewerber für einen Vorstandsposten sorgt mit seiner Rede für Empörung und Parteidistanz – ein Vorgang, der in anderen Parteien vielleicht einen Tag lang für Stirnrunzeln sorgt, in der AfD aber ein mediales Ereignis wird, weil es so ungewöhnlich wirkt, dass jemand wegen „unsäglicher Rede“ ausgeschlossen werden soll.

Man fragt sich fast unweigerlich: Was genau muss man sagen, um in der AfD zu weit gegangen zu sein? Die Antwort bleibt Chrupalla allerdings schuldig, was wiederum den Verdacht nährt, dass es nicht allein um den Inhalt ging, sondern vielleicht auch darum, die Kontrolle über die neue Jugendorganisation nicht zu verlieren.

Chrupalla sendet ein Signal – nach innen und außen

Mit seiner scharf formulierten Ablehnung versucht Chrupalla, zweierlei zu erreichen:

1. Innerparteiliche Disziplinierung. Die Botschaft an die Jugendorganisation lautet: „Wir unterstützen euch, aber wir bestimmen die Spielregeln.“

2. Öffentlichkeitswirksame Schadensbegrenzung. Nach Jahren medialer Wunden versucht die Parteispitze zu signalisieren, dass sie sehr wohl Grenzen kennt – auch wenn diese Grenzen zeitweise flexibel erscheinen.

Doch genau hier entsteht die satirische Ironie: Eine Partei, die selbst öffentlichkeitswirksam regelmäßig mit dem politischen Grenzbereich experimentiert, zeigt sich schockiert von einem Mitglied, das offenbar nur ein bisschen weiter gegangen ist als geplant.

Was bedeutet das für Eichwald?

Eichwald hatte sich mit seiner Rede für einen Vorstandsposten beworben – ein Vorhaben, das nun so aussichtsreich ist wie ein Regenschirm aus Papiertaschentüchern. Statt eines Sitzes im Vorstand erhält er nun wahrscheinlich eine Vorladung vor das Parteigericht, gefolgt von einem Empfehlungsschreiben, sich doch bitte wieder abzumelden.

Die AfD prüft sein Schicksal – und Eichwald lernt die vielleicht wichtigste Lektion des politischen Lebens: Wer zu früh zu laut spricht, landet schneller vor der Tür als im Vorstand.

Der Fall Eichwald offenbart in komischer Klarheit, wie sehr die AfD derzeit zwischen Systemopposition, Selbstkontrolle und chaotischer Erneuerung schwankt. Sie möchte jung wirken, aber nicht zu jung. Sie möchte radikal wirken, aber nicht zu radikal. Sie möchte klare Regeln, aber nur, wenn sie selbst definiert, wer sie bricht.

Chrupallas Satz „Solche Leute wollen wir nicht“ wirkt deshalb wie eine Mischung aus Selbstreinigung, Selbstschutz und Selbstdarstellung – eine politische Dreifachmaske, wie man sie selten sieht.

Doch für Eichwald bleibt nur eine Erkenntnis: Der härteste Gegner eines Neumitglieds ist manchmal die eigene Partei.