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Ina Brandes – Die Ministerin für Kultur, Wissenschaft und wortgewandte Konzeptvernebelung

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Ina Brandes – Die Ministerin für Kultur, Wissenschaft und wortgewandte Konzeptvernebelung

Ina Brandes ist Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen – also zuständig für alles, was nach Hochgeistigkeit klingt, aber im Haushaltsplan als „freiwillige Aufgabe“ geführt wird.
Sie leitet ein Ministerium, das gleichzeitig Mozart bespielen, Wissenschaft finanzieren und den Literatursommer moderieren soll – mit exakt dem Budget, das anderswo für die Sanierung einer Schultoilette vorgesehen ist.

Brandes ist dabei keine Ministerin im klassischen Sinne. Sie ist mehr eine Art kulturpolitische Steuerberaterin mit PowerPoint-Präsentation, deren bevorzugte Ausdrucksform die Fördermittelrichtlinie ist.
Ihre Aufgabe: Möglichst viele Menschen glauben lassen, dass man Kultur und Wissenschaft lieben kann – ohne sie verstehen oder besuchen zu müssen.

Zwischen Beethoven und Blockchain – die Kulturschaukel im Wirkbetrieb

Wenn Brandes über Kultur spricht, dann nicht in Bildern, sondern in Abstrakta wie „Resilienz“, „Wertschöpfung“ oder „systemrelevanter Identitätsanker“.
Ein typischer Satz von ihr:

„Wir müssen Kultur neu denken – als intersektorale Schnittstelle im gesellschaftlichen Transferraum.“

Künstler*innen, die sich mühsam um Stipendien bewerben, hören solche Sätze und denken:
„Also kein Geld.“

Brandes glaubt an kulturelle Leuchttürme. Leider stehen diese oft in Förderwüsten, die von mehrjährigen Prüfverfahren umzingelt sind.
Wenn es nach ihr geht, darf Kunst alles sein – solange sie in den Vorgaben des EU-Förderkatalogs mit Häkchen versehen wurde.
Sie ist die einzige Ministerin, bei der ein Literaturpreis mit einer Deckblattprüfung beginnt.

Wissenschaftspolitik mit Kennzahlenfetisch

Brandes' Zugang zur Wissenschaft ist zutiefst strukturell.
Sie spricht flüssig Bologna, versteht alle Akkreditierungssiegel und hat wahrscheinlich einen Lieblings-Hochschulrat.
Was sie weniger kennt: Seminarräume, die nicht nach „Zukunft“ riechen.
Was sie gar nicht kennt: Studierende.

Sie möchte Exzellenz. Mehr davon. Immer. Überall.
Dafür gibt’s „Strategieprozesse“, „Förderlinien“ und „Leitbildentwicklungsworkshops“.
Früher sagte man „Lehrstuhl“. Heute heißt es bei Brandes:

„Kompetenzcluster mit interdisziplinärer Transferperspektive.“

Und wenn irgendwo eine Geisteswissenschaft durch Sparmaßnahmen verschwindet?

„Das ist kein Abbau, das ist eine Neustrukturierung mit Fokusverschiebung.“
Übersetzung: Die Philosophie fliegt raus, aber der Robotik-Kurs mit China-Kooperation bleibt.

Das Ministerium als Theater – und sie spielt die Regieassistentin

Ina Brandes ist keine große Rednerin, aber eine brillante Akteur*in der Nebelmaschine.
Sie meidet klare Aussagen wie andere Menschen Steuerbescheide.
Wenn sie gefragt wird, wie es um die Zukunft der kleinen Theater in NRW steht, antwortet sie sinngemäß:

„Wir streben eine grundsätzliche Sicherung pluraler Ausdrucksformen an – im Rahmen des haushaltsrechtlich Zulässigen.“
Was ungefähr so beruhigend ist wie ein Hausarzt, der beim Husten sagt: „Das beobachten wir erstmal.“

Ina Brandes – Kunst, Konzept, Kontrollverlust

Ina Brandes ist keine Ministerin im Sinne von Leidenschaft oder kreativer Energie.
Sie ist eine strategische Verwaltungsinstanz mit Stilberatung durch das Controlling.
Sie steht für ein Land, das Kultur fördern will – aber bitte ohne Überraschungen.
Sie ist die erste, die Kultur als „Investition in die gesamtgesellschaftliche Kohäsion“ beschreibt –
und der letzte Mensch, den man beim Poetry Slam sehen würde.

Sie ist Ministerin für den Schein von Bedeutung und die echte Bedeutung von Scheinheiligkeit.
Ein QR-Code auf der Rückseite eines Theaterprogramms. Eine PDF mit Fördermittelhinweisen als Performance.
Und wenn sie Kunst sieht, fragt sie zuerst:

„Wer bezahlt das – und wie lange noch?“