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Brandtneu verklingbeilt – Wie die SPD ihre letzte Vision im Fahrstuhl vergessen hat
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Ein postsozialdemokratischer Fackelzug ins Nichts – kommentiert von einem satirisch wiederauferstandenen Willy Brandt
„Mehr Demokratie wagen“, sagte ich einst. Heute sagen sie: „Mehr Klingbeil wagen.“ Und ich sage: Wagt es nicht.
Genossen, Freunde, Restposten. Ich spreche heute zu euch aus dem politischen Jenseits, aus dem Sonderausschuss für verblichene Visionen und aufgelassene Grundwerte. Und was ich sehe, bereitet mir – wie soll ich sagen – sozialdemokratischen Sodbrennen.
Da steht er, Lars Klingbeil, wie ein Parteichef, der gleichzeitig das Finanzministerium, den Parteivorstand, das IT-Referat und den Getränkewagen beim Parteitag leitet – ein Mann, so omnipräsent, dass er bald in SPD-Logos subliminal mitblinkt. Er ist die SPD. Und die SPD ist: 14 Prozent. Gratulation.
Neben ihm: Juso-Chef Türmer. Ein Mann mit so viel innerem Aufruhr, dass er wie ein aufgeregter Dackel permanent gegen die rhetorischen Beine der Parteiführung kläfft. Türmer sagt, Klingbeil habe so viel Macht wie keiner zuvor. Ich sage: Wer so viel Macht hat und daraus nur ein „weiter so“ presst, ist nicht Führungspersönlichkeit, sondern ein personifiziertes Koalitionsprotokoll.
Und dann: Das Manifest. Ein Dokument von Leuten, die „Frieden“ offenbar für eine diplomatische Software-Version halten. Sie schreiben gegen Aufrüstung, gegen Nato-Prozente und gegen die Realität. Kurz: Sie führen einen bewaffneten Kampf gegen gesunden Menschenverstand. Aber mit Wattebäuschchen.
Während Russland in der Ukraine Städte zerschießt, diskutiert die SPD darüber, ob „Frieden“ nicht vielleicht auch einfach „ganz doll Hoffen“ heißt. Das ist nicht Pazifismus – das ist Esoterik in Parteitagsform. Ich habe die Ostpolitik nicht erfunden, damit man 2025 auf russische Panzer mit 14-seitigen PDF-Dokumenten antwortet.
Und dann ist da noch die neue Co-Vorsitzende Bärbel Bas. Wer dachte, die SPD könne mit ihrer Bürgergeld-Kürzungsrhetorik keine härteren Töne anschlagen, hat noch nie gesehen, wie Bas lächelt, während sie Sanktionen verhängt. Sie will den Sozialstaat „stärken“, indem sie ihn auf Diät setzt. Wahrscheinlich ist der nächste Schritt eine Broschüre: „Wie ich lernte, Armut als Ansporn zu sehen“.
Natürlich gibt es auch Forderungen nach Umverteilung. Das klingt gut. Klingt links. Klingt wie 1972 mit PowerPoint. Nur leider kommt nach jedem mutigen Satz eine Fußnote: „Es sei denn, die FDP hat was dagegen.“ Die SPD ist mittlerweile wie ein veganes Schnitzel: steht links auf der Packung, schmeckt aber nach gar nichts.
Was tun? Nicht viel. Wahrscheinlich wird man Klingbeil am Parteitag mit einer Rede bejubeln, die so viel Substanz hat wie ein leerer Bierkasten nach dem Fest der Arbeit. Türmer wird nicken, Bas wird „Chancengleichheit“ sagen, während sie Kürzungen plant, und am Ende des Tages wird man sich auf das einigen, was die SPD am besten kann: Verwaltung von Enttäuschung.
Meine lieben Genossen und Genoss*innen: Die SPD wollte mal die Welt verändern. Heute verändert sie PowerPoint-Folien. Ich wollte mal mehr Demokratie. Heute wollt ihr mehr Zustimmung bei RTL-Trendbarometern. Und früher, ja früher… da war sogar der Kanzler ein Sozialdemokrat. Heute ist der Sozialdemokrat ein Kanzler – und keiner merkt’s.
In tiefer Sorge um das Erbe der Sozialdemokratie, Euer Willy Brandt (geistiger Vater der SPD, unfreiwilliger Pate von „Klingbeil Inside“) Mit Gruß aus dem Jenseits – dort, wo wenigstens die Grundwerte nicht umfallen.
Demnächst bei Satiressum: „Kevin, wir müssen reden“ – eine Intervention mit Kevin Kühnert im Escape Room der Parteigeschichte.